Neumarkt-St. Veit – Ulrich Hellfeuer macht an diesem Tag das, was er sonst auch macht. Frühmorgens geht er aus dem Haus, spaziert auf den Stadtplatz von Neumarkt-St. Veit und deckt sich mit seinem Tagesbedarf ein. Eine Tageszeitung und etwas Brot. Wie immer. Ab und zu bleibt er stehen, unterhält sich mit Bekannten, die dem 79-Jährigen in den Morgenstunden über den Weg laufen. Denn Ulrich Hellfeuer kennt als ehemaliger Vorsitzender des TSV Neumarkt-St. Veit und Präsident des inzwischen aufgelösten „Fidelen Clubs“ eine Menge Leute. Doch die Begegnung am Mittwoch, 22. Februar, war schon eine der etwas anderen Art.
Angebliche Bekanntschaft
Mitten auf der Straße spricht ihn gegen 9 Uhr ein Mann auf dem Stadtplatz an. „Kennst mich nicht?“, fragt er. Hellfeuer schätzt, dass er 35 Jahre alt ist. „Das klang zunächst sehr vertraut. Aber tatsächlich hab ich ihn nicht gekannt“, sagt Hellfeuer, der, höflich wie er ist, stehen geblieben ist, um mit dem Mann zu reden.
Er sei gefragt worden, wo er denn früher gearbeitet habe. In Forstinning lautete Hellfeuers Antwort. „Genau dort hat mein Vater auch gearbeitet“, so die Antwort des Mannes, der daraufhin von einem Hermann gesprochen hatte, er sei früher Hellfeuers Arbeitskollege gewesen. Hellfeuer ging nicht weiter darauf ein, setzte seine Einkäufe fort und habe sich dann auf den Nachhauseweg gemacht, in Richtung seiner Wohnung an der Altöttinger Straße.
„Plötzlich stand der Kerl hinter mir, und ich dachte mir: Was möchte denn der schon wieder? Er erzählte dann irgendwas davon, dass er ein Geschenk seines Vaters an mich hätte“, berichtet Hellfeuer weiter. Aus einer Kiste packte der Mann dann eine Wanduhr aus, wenig später eine Jacke, die Hellfeuer auch anprobiert hat: „Die hätt‘ mir no gfoin a, die Jack‘n“, verhehlt Hellfeuer nicht, und er erzählt, wie ihm der Mann dann auch noch eine Armbanduhr angeboten habe.
Von einem Geschenk ist da aber nicht mehr die Rede. Der Unbekannte spricht davon, dass er Geld zum Tanken benötige. „Mei, ich hab nicht mehr dabei als 20 Euro“, erwiderte Hellfeuer. Das sei dem anderen aber zu wenig gewesen. Plötzlich stehen 3000 Euro im Raum. „Ja, so viel hab ich jetzt g‘rad nicht bei mir“, entschuldigt sich Hellfeuer. Den Vorschlag des Herrn, in der Wohnung nachzusehen, lehnt Hellfeuer ab. „Da hab ich auch nichts.“ Und auch die Möglichkeit, den Geldautomaten aufzusuchen, verweigert Hellfeuer. „Meine Geldgeschäfte erledigt meine Schwiegertochter“, sagt er dem Bairisch sprechenden Mann. Der gibt auf und verschwindet genauso schnell, wie er erschienen ist.
„Alles richtig gemacht“, sagt Polizeisprecher Uwe Schindler von der Polizeiinspektion Mühldorf. Die Polizei hat den Fall als „versuchten Betrug“ dokumentiert, wie der stellvertretende Leiter der Inspektion mitteilt. Und er fügt hinzu, dass es sich bei dieser Betrugsmasche offenbar um einen Einzelfall handele. Bisher seien jedenfalls keine weiteren Fälle bekannt, wonach ein fremder Mann versucht hätte, Geld zu erschwindeln.
Im Fall von Ulrich Hellfeuer habe die Polizei unmittelbar nach der Benachrichtigung durch den Neumarkter reagiert und sei mit einer Streife in die Rottstadt gefahren. „Wir haben den Hinweis bekommen, dass es sich wohl um ein Fahrzeug mit Dortmunder Kennzeichen handelt, mit dem der Betrüger dann davongefahren sei, und haben sofort eine Fahndung eingeleitet“, erklärt Schindler, der darauf verweist, dass es in solchen Fällen wichtig sei, die Polizei schnell zu informieren. „Dann stehen auch die Chancen besser, den Betrüger zu stellen.“ Man dürfe auch keine Scheu haben, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und die Polizei zu informieren. „Lieber fahren wir einmal zu viel raus als zu wenig.“
Hellfeuer, so Schindler weiter, habe „super reagiert und sich vorbildlich verhalten.“ Der Sprecher der Polizei empfiehlt, „grundsätzlich keine fremden Menschen in die Wohnung zu lassen.“ Werde man in aller Öffentlichkeit von einem mutmaßlichen Betrüger belästigt, sei es ratsam, Passanten, die sich in der Nähe aufhielten, heranzuziehen.
Oft würden Betrüger, die versuchen, sich bei Rentnern Vertrauen zu erschleichen, schon davon abgeschreckt, wenn das Opfer laut spreche und so die Aufmerksamkeit von Personen, die sich in der Nähe aufhalten, auf sich ziehe.
Auto aus Dortmund wird weiter gesucht
Betrugsfälle hielten sich in den vergangenen Monaten in der Region in Grenzen. Schindler verweist lediglich auf einen Vorfall am Globus Warenmarkt in Mühldorf, der sich Ende Januar ereignet hatte. Dort hatte ein Betrüger versucht, aus einem Auto heraus offensichtlich minderwertige, fast wertlose Topf- und Messersets zu verkaufen. Die Polizei wurde alarmiert. Gegen den 26-Jährigen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Betrugs eingeleitet.