Nächste Haltestelle Rufbus

von Redaktion

Stadtrat votiert einstimmig für einen Systemwechsel

Mühldorf – Der Versuch, den Mühldorfer Stadtbus zu modernisieren, ist bislang gescheitert. Für die letzte Ausschreibung mit verbesserten Streckenführungen und Fahrzeiten gab es keine einzige Bewerbung eines Busunternehmens. Seitdem läuft der Stadtbus auf Abruf. Um eine Alternative zu finden, hat die Stadt die Firma Joki beauftragt, die Situation in Mühldorf zu analysieren und Alternativen zu finden.

Nach dem Zwischenbericht zur Situation in Mühldorf im Dezember musste Maximilian Guinta von Joki vor dem Stadtrat jetzt nur noch das Fazit ziehen. Und das ist aus seiner Sicht eindeutig: Durch die Umstellung auf ein System von Rufbussen kann die Stadt das gleiche Angebot bei deutlich niedrigeren Kosten machen. Ist sie bereit, genauso viel oder gar mehr Geld als derzeit auszugeben, werde sich das Angebot deutlich verbessern.

Qualität soll
Nachfrage steigern

Guinta ist zuversichtlich, dass ein besseres Angebot auch die Zahl der Nutzer erhöht: „Mit der Qualität des Service steigt auch die Nachfrage.“ Er schätzt eine „Lernzeit“ von zwei bis drei Jahren, bis die Leute dem System vertrauen und es für sicher halten. Zugleich widersprach er der Einschätzung, dass ältere Menschen Rufbusse weniger nutzen würden. Auch sie seien inzwischen mit dem Smartphone und der Nutzung von Apps erfahren, die kürzeren Wege zu Haltestellen kämen ihnen sehr entgegen.

So sieht das Rufbussystem aus: Anstelle von Linienbussen verkehren Kleinbusse, die per Telefon oder App bestellt und anschließend genutzt werden können. Statt 34 festen Haltestellen mit Bushäuschen könne es 161 sogenannte virtuelle Haltestellen geben, zu denen die Siebensitzer-Busse fahren. „Der Weg zur nächsten Haltestelle verkürzt sich damit deutlich“, sagte Guinta. Auch die Taktung von derzeit 30 Minuten könne sich auf wenige Minuten Wartezeit verkürzt werden, je nachdem, wie viele Kleinbusse im Einsatz seien.

Auch die Betriebszeiten von derzeit 9 bis 18 Uhr sollen deutlich erweitert werden, Guinta sprach von Fahrzeiten ab 5 oder 6 Uhr bis 20 Uhr. Die Einbindung in das Deutschlandticket ist möglich, die Ausweitung auf Nachbargemeinden denkbar.

Wie das System genau aussehen wird, wie viele Fahrzeuge eingesetzt werden, ob sie am Wochenende länger fahren oder was eine Fahrt kostet, muss die Ausschreibung ergeben, die der Stadtrat zusammen mit dem Umstieg auf das Rufsystem beschlossen hat.

„Wir sind in der Verwaltung sehr begeistert“, kommentierte Bürgermeister Michael Hetzl (UM) das Konzept und sprach von einem zukunftsfähigen Öffentlichen Nahverkehr. „Ich würde den Mühldorfern das wünschen.“ Hetzl sprach sich dafür aus, den Rufbus am Bedarf zu orientieren. Er hält zum Beispiel die Ausweitung der Betriebszeiten am Wochenende für möglich. Für den Bürgermeister muss aber zunächst der Einstieg in ein neues System gelingen, nur so könnten Menschen bewegt werden, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Dann könne auch die derzeitige Situation überwunden werden, die Hetzl so beschrieb: „Wir haben ein hoch ineffizientes Liniensystem, das nur in großen Städten funktioniert.“ Auch Claudia Hungerhuber (SPD) sprach von guten Erfolgsaussichten des Rufbusses. Wichtig sei das Angebot, den Bus nicht nur über die App, sondern auch telefonisch zu bestellen und bar bezahlen zu können. Sie forderte, Taxifahrer in die Planung einzubeziehen. Für Kathrin Enzinger (Grüne) ist der Rufbus ein zukunftsweisendes System. „Es kann auch eine gute Chance sein, für alle, die jetzt das Mutti-Taxi benutzen.“ Denn Kinder könnten damit sicher an viele Orte in der Stadt gefahren werden, ohne lange zu Fuß gehen zu müssen.

Für eine realistische Betrachtung votierte Oliver Multusch (AfD). Die spreche eindeutig dafür, den Versuch zu beginnen. Die Bevölkerung erwarte, dass die Stadt jetzt etwas unternehme und es nicht wieder verschiebe. Gegenwind kam nur von Verkehrsreferent Dr. Georg Gafus (Grüne): „Ich kann die Begeisterung des Bürgermeisters nicht teilen“, sagte der Verkehrsreferent und forderte erneut das Festhalten an einem verbesserten Linienbussystem.

Maximilian Guinta von Joki widerlegte dieses „Bauchgefühl“ des Verkehrsreferenten mit Fakten: Um ein Linienbussystem an die Qualität des Rufbusses anzugleichen, müsse sehr viel mehr Geld ausgegeben werden.

Positive Erfahrungen
in anderen Städten

Er verwies auf die positiven Erfahrungen in anderen Kleinstädten. Ein System wie bisher sei nur in Großstädten sinnvoll, wo sehr viele Menschen den Öffentlichen Nahverkehr nutzten. Für kleinere Städte mit geringerem Fahrgastaufkommen, sei nur das Rufsystem sinnvoll. Am Ende stimmte der Stadtrat ohne Gegenstimme für die Einführung und eine Ausschreibung des Rufbussystems. Bis zur Umsetzung fährt der Stadtbus in seiner derzeitigen Form weiter.

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