Zwischen Karnöffel und Schwertkämpfen

von Redaktion

Im Jahre 1322 begab es sich, dass sich Tausende schwerbewaffnete Ritter, Kämpfer und Trossleute unter Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen bei Erharting gegenüberstanden. Die Gemeinde erinnert in einem aufwendigen Spektakel an die Zeit vor 700 Jahren, macht das Mittelalter noch bis Sonntag greifbar.

Erharting – Idealerweise hätte die Gedenkveranstaltung „Erharting 1322“ schon im Mai vor einem Jahr stattgefunden. So hätte das Jubiläum des Sieges von Ludwig dem Bayern über seinen Widersacher Friedrich dem Schönen um die Kaiserwürde im Heiligen Römischen Reich auch exakt 700 Jahre nach dem kriegerischen Ereignis stattgefunden.

Doch Corona verleidete dem maßgeblich organisierenden „Verein für Brauchtumspflege“ die Punktlandung. Ungeachtet dessen kamen am Donnerstag schon Hunderte Besucher zum Festgelände und ließen sich von Ritterkämpfen, mittelalterlicher Musik und Spiel sowie stilechter Verpflegung verzaubern. Das Fest geht noch bis Sonntag.

Regen erschwert
die Aufbauarbeiten

Noch nie hat es in Erharting ein Ritterfest gegeben. Doch weil ganz Erharting bei den Vorbereitungen an einem Strang gezogen hat, war das rund 30000 Quadratmeter große Festgelände Donnerstag zum Auftakt bestens präpariert. Besonders, wenn man bedenkt, dass es bis Mittwoch fast acht Wochen lang durchgehend geregnet hat. Doch die Einschränkungen sind dank der mit Hackschnitzeln gut befestigten Laufwege zu ertragen.

Auch soll das Wetter nun bis zum letzten Tag am Sonntag immer besser werden. Der noch weichen Wiese geschuldet, verzichteten die Lanzenreiter der Gesellschaft der Vier Lande am Eröffnungstag daher noch auf ihren Einsatz in der stilecht erbauten Arena im Zentrum des Festplatzes: zu groß wäre das Verletzungsrisiko für Mensch und Tier. „Aber die Damenquadrille kommt später auf jeden Fall noch“, betonte Leonhard Biermaier vom Verein für Brauchtumspflege, der sich zuversichtlich zeigte, dass sich das Festgelände nun nach dem Ende des Regens zügig erholt.

Mehr als 700 Ritter, Kämpfer und Gaukler

Neben der Rittervereinigung aus Frontenhausen sind aber noch rund 40 andere hobbymäßige Mittelaltergruppen zur ersten großen Gedenkveranstaltung nach Erharting gekommen. „Insgesamt sind es mehr als 700 Ritter, Kämpfer, Gaukler, Musiker und Fieranten“, erklärt Thomas Mück vom Verein für Brauchtumspflege.

Darunter zum Beispiel auch die „Dreizehnzwoarazwanzger“ aus Ampfing, die im vergangenen Jahr dort im Spätsommer schon ein großes Volksschauspiel anlässlich der historischen Schlacht aufgeführt haben. Hinzu kommen die Erhartinger Vereine, angefangen bei der Feuerwehr, die sich als Parkplatzanweiser für die tausenden erwarteten Gäste kümmert. Andere kümmern sich um eine stilechte Verpflegung der Gäste mit Wildbret und Steckerlfisch. Die minuziöse Vorbereitung des Festes zeigt sich unter anderem daran, dass auch die Ludwigsritter aus Trausnitz in der Oberpfalz mit von der Partie sind. Die Interessengemeinschaft von Hobbyrittern stammt aus dem Ort, an dem sich der in der Schlacht von 1322 unterlegene Habsburgerkönig drei Jahre in Gefangenschaft befand, bevor es zur inszenierten Aussöhnung mit dem dann bereits zum Kaiser gekrönten Ludwig dem Bayern kam.

„Wir haben ja zusammen mit dem Verein für Brauchtumspflege schon bei uns in Trausnitz die Gefangenenübergabe nachgestellt“, erklärt Josef Dobmeier von den Ludwigsrittern. Auch sie wollen sich später noch in der Arena betätigen, um das mittelalterliche Kriegstreiben anschaulich werden zu lassen.

So leben Menschen
im Mittelalter

Eine andere der vielen Anlaufstationen ist die Gruppe „1320 Handwerk“, wo man viel darüber erfahren kann, wie die Menschen im Mittelalter ihre Freizeit verbrachten. Ob Wikingerschach, das alte Kartenspiel Karnöffel oder Wurfzabeln, Matthias Lauxen kennt unzählige historische Spiele im Detail und kann auch erklären, worum gespielt wurde: „Das waren unterschiedlichste Münzen, die oft nur den Gegenwert des Materials hatten, aus dem sie geprägt waren“, erklärt der Mühldorfer. An der nächsten Zeltburg klöppelt Sandra Huber aus Kirchanschöring munter bunte Borten, die aber nicht nur zum Absäumen von Kleidungsstücken verwendet werden können. Mit dabei ist auch eine starke Abordnung der insgesamt 400 Mitglieder zählenden Burgfreunde aus Julbach oder die Deutschritter aus Arnstorf um ihren Hochmeister Reiner Gertz: „Wir werden uns nachher auch an der freien Feldschlacht beteiligen“, erklärt der Hobbyritter, der noch an einem Lederüberzug für seine Lanze arbeitet, um das Verletzungsrisiko möglichst gering zu halten.

Nachdem der Freitag für Schulklassen reserviert war, startet das vielseitige Programm am Samstag schon um 11 Uhr – und am Sonntag sogar schon um 10 Uhr mit einem Gottesdienst.

Zwar wird das offizielle Programm immer gegen 21 Uhr enden, doch Bürgermeister Matthias Huber ist sich sicher, dass das bunte Treiben auf dem Festplatz immer noch mindestens bis Mitternacht andauern wird: „Wir haben uns wirklich ins Zeug gelegt, und alle Ortsvereine sind beteiligt“, freut sich das Gemeindeoberhaupt.

Der Eintrittspreis liegt für Erwachsene bei 10 Euro, für Jugendliche bei 5 Euro und Kinder unter zwölf Jahren kommen sogar gratis rein. Die Flatrate fürs ganze Wochenende kostet 30 Euro.

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