Mühldorf – Die Verluste des „InnKlinikums“ sollten nach bisherigen Informationen 22,5 Millionen Euro betragen, von denen der Landkreis die Hälfte tragen muss, also 11,25 Millionen Euro. „Nach ersten Prognosen entwickelt sich das Krankenhausdefizit schlechter als bisher in der Finanzplanung angenommen“, teilt Landrat Max Heimerl dazu auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mit. „Höhe und Gründe der Steigerung des Defizits können nach der nächsten Verwaltungsratssitzung benannt werden.“ Verschärfend komme hinzu, dass die „Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer aufgrund des Einbruchs auf dem Bausektor rückläufig und werden nicht die Planwerte erreichen“.
Kreisumlage soll
nicht erhöht werden
Der Kreistag wird deshalb nicht umhinkommen und in den kommenden Monaten einen Nachtragshaushalt aufstellen müssen, kündigte Heimerl bei der Bürgermeisterversammlung im Kulturbahnhof in Neumarkt-St.Veit an. Man könne die laufenden Ausgaben nicht mehr durch die Einnahmen decken. Heimerl betonte, dass er nicht beabsichtige, erneut Hand an die Kreisumlage zu legen: „Dafür ist das Jahr schon zu weit fortgeschritten. Außer ihr sagt, dass 65 Prozent Kreisumlage noch in Ordnung wären“, so Heimerl zu den Bürgermeistern der Kommunen im Landkreis Mühldorf.
Der Landrat sprach von einem „gewaltigen Haushaltsdefizit“, das offenbar nur noch mit neuen Schulden zu finanzieren wäre. Hauptsächlich machte Heimerl das Defizit im „InnKlinikum“ für die desolate Situation verantwortlich, ohne zunächst konkrete Zahlen zu nennen. Aber: „Das nimmt Dimensionen an, die unsere kommunale Handlungsfähigkeit enorm begrenzen.“
Dass die Krankenhäuser immer weiter ins Defizit rutschen, macht Heimerl an zwei Punkten fest. Kostensteigerungen auf der einen Seite, die geringere Auslastung mit Patienten auf der anderen. Personalkosten, Tarifsteigerungen und Energiekosten seien zuletzt die Kostentreiber gewesen. Dazu seien massiv steigende Kosten bei den medizinischen Produkten aufgrund der Inflation gekommen.
Diese Kostensteigerungen würden über den Landesbasisfallwert mittlerweile nicht mehr abgedeckt. „Der Bund ist nicht bereit, diesen anzupassen. Das dreht uns momentan die Luft ab!“ Dazu komme, dass die Krankenhäuser 20 bis 25 Prozent weniger Patienten hätten als vor Corona. „Die Menschen gehen seltener ins Krankenhaus. Monat für Monat erhöhen sich damit zusätzlich die Defizite.“
90 Prozent aller
Häuser wohl defizitär
Und das „InnKlinikum“ steht da nicht allein auf weiter Flur. Heimerl verwies auf die Situation der Krankenhäuser im Bund. Über 90 Prozent der deutschen Krankenhäuser hätten laut Heimerl deutliche Verluste zu beklagen. „740 Millionen Euro bundesweit – pro Monat.“ Das „InnKlinikum“ schwimme mit seinen Defiziten „in der Mitte mit“, so Heimerl, der konkrete Zahlen aber erst für Mitte Juli ankündigte.
Politisch treibe es ihm die Zornesröte ins Gesicht, wenn anscheinend der Bundesfinanzminister sagt, er habe kein zusätzliches Geld für die Krankenhäuser – und der Gesundheitsminister, er benötige kein zusätzliches Geld, weil er sowieso der Meinung sei, dass 20 bis 25 Prozent aller Krankenhäuser zu viel seien. Alarmierend für ihn: Deutschlandweit hätten auch größere Krankenhausträger mit bis zu 7500 Beschäftigten bereits Insolvenz anmelden müssen.
„Das Problem ist, dass die notwendigen Krankenhausreformen im Detail nicht realisiert werden können, weil vorher die Finanzierungsfähigkeit gar nicht mehr gegeben ist.“ Funktionieren könne das Ganze nach Ansicht Heimerls nur dann, „wenn es einen Krankenhaus-Rettungsschirm gibt, um die Krankenhäuser einigermaßen stabil zu halten, um dann, auf sachlicher Basis, die Veränderungen herbeizuführen.“
Allerdings vermisse er entsprechende Signale, dass sich die Bundesregierung da in irgendeine Richtung bewegt. Die Häuser des „InnKlinikums“ seien durchaus reformbereit, hätten davon auch schon einiges in Bewegung gesetzt. Man bilde Schwerpunkte, konzentriere Fachabteilungen an Standorten und will auch Synergieeffekte nutzen, um damit Kosten zu reduzieren, so Heimerl. „Wir haben das Anfang dieses Jahres so beschlossen, die Umsetzung erfolgt jetzt Schritt für Schritt. Alles Veränderungen, die für uns nicht einfach sind“, betonte Heimerl und nannte die Schlaganfall-Behandlung oder die Herzinfarkt-Behandlung, die in Altötting konzentriert worden seien.
Politische Schelte
in Richtung Berlin
„Dafür holen wir aber andere Bereiche nach Mühldorf, zum Beispiel im Bereich der Orthopädie.“ Er spricht von kommunalpolitisch schwierigen Entscheidungen. „Aber wir sind auf dem richtigen Weg und müssen schauen, das auch haushaltspolitisch über die Bühne zu bringen.“
Wie es im kommenden Jahr weitergeht, werde sich in den kommenden Monaten zeigen, abhängig von zusätzlicher Unterstützung und Hilfe aus Berlin. Heimerl stellte fest: „Ich bin nicht bereit, bestehende und funktionierende Systeme und Strukturen, die wir uns im Landkreis aufgebaut haben, leichtfertig zu zerschlagen.“ Damit spannte er haushaltspolitisch den Bogen in andere Bereiche. „2024 sollen wir entscheiden, dem Münchner Verkehrsverbund beizutreten. Eine sinnvolle Sache. Aber woher das Geld nehmen?“, fragte er in die Runde. „Die Situation in den Krankenhäusern nimmt uns die Luft zum Atmen.“