Neumarkt-St. Veit – Der Einsatz von Drohnen, um damit die Geschossflächenzahl von Häusern zu ermitteln, ist rechtswidrig. Mit Beschluss vom 15. Februar 2024 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) die Beschwerde der Stadt Neumarkt-St. Veit zurückgewiesen und den Einsatz von Drohnen zur Ermittlung der sogenannten Geschossfläche als rechtswidrig eingestuft.
Bedenken im
Stadtrat geäußert
Hintergrund der Geschichte: Die Stadt Neumarkt-St.Veit plante im Oktober 2023, verschiedene Wohngrundstücke durch Drohnen fotografieren zu lassen, um die Geschossfläche der dort vorhandenen Gebäude zu bestimmen. Diese Daten sollten zur Berechnung des sogenannten Herstellungsbeitrags dienen, der für den Anschluss von Grundstücken an die Abwasserentsorgung erhoben wird. Das passte nicht jedem.
Der Neumarkt-St.Veiter CSU-Stadtrat Ferdinand Rothkopf hatte die Sache ins Rollen gebracht und seine datenschutzrechtlichen Bedenken in einer Stadtratssitzung vorgebracht. Dass er sich an die nächsthöheren Instanzen gewandt hatte, begründet er nun damit, dass er in den Gremien der Stadt kein Gehör gefunden habe.
Deshalb hat er im Herbst 2023 einen Antrag auf Verfügung beim Verwaltungsgericht gestellt. Diese ist tatsächlich auch erlassen worden. Dagegen hat die Stadt Neumarkt-St. Veit Beschwerde eingelegt, die der VGH nun kassiert hat. Dem Antragsteller stehe ein Unterlassungsanspruch zu, der eine Drohnenbefliegung seines Grundstücks verbiete, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des VGH. Für die geplante Maßnahme fehle es an einer Rechtsgrundlage.
Es existiert zwar eine Generalklausel des bayerischen Datenschutzgesetzes, die eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle zuließe, wenn sie zur Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sei. Die Vorschrift erlaube eine Erhebung personenbezogener Daten jedoch nur dann, wenn es sich um einen geringfügigen Eingriff in die Rechte der betroffenen Person handele.
Der Einsatz der Drohne stelle aber einen erheblichen Eingriff in das vom Grundgesetz geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers dar. „Auch wenn das Wohngebäude von außen aufgenommen werde, sei die schützenswerte Privatsphäre betroffen“, so der Verwaltungsgerichtshof. „Denn mit der Drohne könnten Aufnahmen von zur Wohnung zählenden Terrassen, Balkonen oder Gartenflächen hergestellt werden. Zudem könnten die sich dort aufhaltenden Personen fotografiert werden. Weiter sei nicht auszuschließen, dass durch Glasflächen auch Innenräume erfasst würden“, heißt es in der Erklärung des VGH. Die Pressemitteilung schließt mit der Feststellung, dass der Beschluss des VGH unanfechtbar ist. Ein Schritt, der aus Sicht von Stadtrat Rothkopf absehbar gewesen ist, zumal bereits in der Verfügung auf 31 Seiten sämtliche Bedenken dargelegt worden seien. Schon die Vorabinformation zum Drohneneinsatz sei fehlerhaft gewesen, es habe eine Widerspruchsmöglichkeit gefehlt. Als weiteres Argument führt Rothkopf an, dass Behörden angehalten seien, die Menge an Daten beziehungsweise Informationen über ihre Bürger gering zu halten. Das Gegenteil wäre jedoch nach Überzeugung des Neumarkter Bürgers bei den Drohnenflügen der Fall gewesen.
Und schließlich stelle sich neben der Verletzung der Privatsphäre auch noch die Frage, ob es notwendig ist, dass diese Drohne überhaupt fliegt. Der Neumarkter Stadtrat spricht von Kosten in Höhe von „weit über 100000 Euro.“
Der CSU-Stadtrat bringt die Selbstauskunft ins Spiel, die bei der Erhebung der Grundsteuer ausreichend gewesen sei, der Stadt aber für die Kanalgebühren offensichtlich nicht ausreiche. Außerdem habe sich herausgestellt: Selbst das Ingenieurbüro, das die Drohnenflüge anbietet, beruft sich auf Daten des Vermessungsamtes. „Eigentlich haben wir also alle Daten. Es geht nur darum, die Geschosse zu ermitteln.“ Und dies sei über die Selbstauskunft machbar, sagt Rothkopf.
Und er ergänzt: „Wenn man Zweifel hat an der Richtigkeit der Angaben, kann es die Verwaltung selbst kontrollieren. Die Kosten von mehr als 100000 Euro könne man in andere, sinnvollere Projekte stecken.“
Kosten von „weit über 100000 Euro“
Wie reagiert die Stadt Neumarkt-St. Veit auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes? „Wir sind von dem Ausgang des Urteils sehr überrascht und hätten mit einem anderen Ausgang gerechnet“, sagt Neumarkts Bürgermeister Erwin Baumgartner (UWG).
Man müsse das Urteil erstmal genauer prüfen und das weitere Vorgehen dann mit dem Stadtrat beraten. Nur so viel: „Bei dem Urteil handelt es sich um einen Beschluss zu einer einstweiligen Anordnung. Somit wäre theoretisch denkbar, dass man beim Verwaltungsgerichtshof eine Hauptsacheentscheidung herbeiführen möchte.“