Ampfing – Johannes Müller (27) ist auch Tage nach seinem Kurztrip nach Mailand noch total geplättet. Die Eindrücke der sechs Tage waren einfach zu viel, der Zuspruch für seine Arbeit war zu überwältigend.
Johannes Müller ist Schreiner und Junior-Chef des elterlichen Möbelhauses mit angeschlossener Schreinerei aus Ampfing, das sich seit 60 Jahren Möbeln für Küche, Wohnen, Schlafen und Bad verschrieben hat. Müller ist aber auch Designer – mit einem ersten großen internationalen Erfolg: Er wurde als Nachwuchsdesigner zur wichtigsten Messe für Wohnmöbel nach Mailand eingeladen, durfte sich auf einem eigenen Stand präsentieren: dem Salone del Mobile, der weltweit größten Möbelmesse mit rund 360000 Besuchern.
Sprungbrett für erfolgreiche Karriere
Möglich machte das die internationale Stiftung „SaloneSatelite“, die Marva Griffin vor 25 Jahren gegründet hatte, um Nachwuchsdesigner aus aller Welt zu fördern. Wer angenommen wird, darf bis zum Alter von 35 Jahren bis zu dreimal am Salone del Mobile teilnehmen und erhält in einer eigens reservierten Halle einen stark vergünstigten Messestand. Die Annahme: ein Ritterschlag.
„Ich hatte großes Glück“, freut sich Johannes Müller, der es anfangs nicht glauben konnte. Denn der Salone war für viele Designer das Sprungbrett zu einer erfolgreichen Karriere. Nach seiner Schreiner-Ausbildung hatte Müller noch ein Studium zum Raum- und Objektdesigner absolviert und dabei einen Hocker gestaltet, mit dem er beim Designpreis „Iconic Awards 2023“ im Bereich innovative Möbel die Auszeichnung „Best of Best“ gewonnen hatte.
Der Hocker sieht gut aus, ist aus Massivholz und stapelbar. Trotzdem wiegt er weniger als zwei Kilo und Müller hat an allen Stellen auf Nachhaltigkeit geachtet. „Der Hocker zeigt, wo wir herkommen, womit wir in der Region stark sind.“
Der Erfolg beim German Design Award hat ihn beflügelt: „Wenn ich so was schaffe, dann muss das weitergehen.“ Die Bewerbung beim SaloneSatelite war ein „Schuss ins Blaue“, der ins Schwarze traf.
Hier konnte Müller bereits wichtige Kontakte knüpfen. So war sein Mentor in Mailand der erfolgreiche deutsche Designer Thomas Schnur, der ihm einen wichtigen Rat gab: „Ruf mal in der Mitte der Zeit deine Oma an, weil man dann am Boden bleibt und auch wieder den Bezug zur Realität kriegt.“ Aber auch wirtschaftlich könnte sich der Besuch lohnen.
Viele Hersteller hätten sich nach dem Hocker erkundigt: „Ist er produzierbar?“ Müllers Antwort: „Ja. Er ist produzierbar!“ Visitenkarten und E-Mail-Adressen wurden ausgetauscht. Denn ein Traum von Johannes Müller ist es, wenn sein Hocker in größerer Stückzahl produziert und verkauft wird. „Das wäre das Schönste.“ Wenn er ihn in Ampfing macht, müsste er bis zu 400 Euro verlangen, „weil es immer noch viel Handarbeit ist.“ Mit einem Partner wäre die Produktion günstiger, wäre der Hocker für mehr Kunden erschwinglich, wobei auch Müller weiß: „Er wird nie 100 Euro kosten, weil er einfach viel zu aufwendig ist. Ich möchte aber, dass mehr Leute die Chance haben, sich den Hocker leisten zu können.“
Faire Produktion
entscheidend
Jetzt klopft er von Ampfing aus die Interessenten aus Deutschland, Italien und Japan ab. Denn die Partner müssen zu ihm passen: faire Produktion „mit den richtigen Materialien in der richtigen Qualität“, sagt Müller. „Das ist wichtig.“
Auch wenn Johannes Müller Europa und die Welt im Blick hat, seine Wurzeln und sein Schwerpunkt bleiben in Ampfing. Seine Designarbeit könne aber ein zweites Standbein für den elterlichen Betrieb werden. „Wir sind in der Schreinerei und in der Region zu Hause. Das wird sich nicht ändern. Aber das andere können wir auch und das wollen wir zeigen.“ Die Reise ist für Johannes Müller noch lange nicht zu Ende, weitere Wettbewerbe und Messen warten schon. „Wir haben schon so viel positives Feedback bekommen und ich habe noch so viele Ideen. Ich möchte beides machen, weil es einfach Spaß macht.“