Hässliche Botschaft auf der Haut

von Redaktion

Weil das Ergebnis völlig missriet, verklagte Liubov M. (35) ihren Tätowierer – und erhielt nun 1000 Euro Schmerzensgeld

Es sollte ein Beweis ihrer Liebe sein: Für ihren Ehemann Alexej (42) wünschte sich Liubov M. (35) zum zwölften Hochzeitstag ein Tattoo. „Ich liebe dich. Du bist mein Leben. Wir beide, für immer zusammen“, und das alles auf Französisch, ließ sie sich auf den linken Unterarm stechen. Doch nach dem Termin in Schwabing war die Romantik schnell dahin: „Der Schriftzug war leider völlig missraten“, sagt Liubov. „Man kann den Spruch kaum lesen, es waren sogar einzelne Buchstaben vertauscht.“ Deshalb reichte sie Klage ein – und erhielt jetzt 1000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Rechtlich hat der Tätowierer eine Körperverletzung begangen, entschied das Amtsgericht. Der muss nun auch für alle Folgeschäden und eine Korrektur aufkommen. „Das könnten bis zu 8000 Euro werden“, sagt Rechtsanwalt Tobias Kirchgessner, der Liubov M. vertritt.

Seine Mandantin will den Tattoo-Flop nicht länger in der Haut tragen und den Schriftzug entfernen oder überstechen lassen. „Ich habe Angst um meine Gesundheit und weiß noch nicht, für welche Variante ich mich entscheide.“ Ärzte sollen sie nun beraten. „Und natürlich mein Mann.“

Ihn hatte sie 2004 geheiratet und wollte das Tattoo eigentlich schon zum zehnten Hochzeitstag. „Es sollte ein Symbol für unsere tiefe Verbundenheit werden“, sagt Liubov. Erst am 4. März 2016 traute sie sich zum Tätowierer und zahlte 80 Euro für die Sitzung. „Danach war ich riesig enttäuscht.“

Zwar ließ sie noch eine Korrektur für 20 Euro vornehmen, aber das Ergebnis wurde kaum besser. Vor Gericht wurde der Fall im April ähnlich wie eine Auftragsarbeit für Handwerker bewertet: „Die bezahlte Leistung wurde nicht mängelfrei ausgeführt“, sagt Rechtsanwalt Kirchgessner.

Mit einem gravierenden Unterschied: Die Farbe des verunglückten Tattoos bleibt ein Leben lang in Liubovs Haut. Unverständlich ist für sie, dass es für Tätowierer offensichtlich keine formal geregelte Ausbildung gibt. Im Grunde darf jeder Bürger ein Studio eröffnen, solange das Gewerbeamt ihm die Erlaubnis gibt und allgemeine Hygienevorschriften eingehalten werden. Selbst dann, wenn in der Ausführung gepfuscht wird. „Wir wissen auch von anderen Betroffenen“, sagt der Anwalt. „Aber Einschreiten kann nur das Gewerbeamt.“

So weit kam es bisher noch nicht. Denn das Schwabinger Studio hat etliche andere Kunden, die zufrieden sind. Gegen das Urteil hatte der Tätowierer Berufung eingelegt und wollte kein Schmerzensgeld zahlen. Mitte Juli gab das Landgericht mit Liubov M. aber der Kundin Recht.

Seit drei Monaten ist das Urteil nun rechtskräftig. Am Freitag wurde der Fall vom Amtsgericht publik gemacht. Liubov M. sprach daraufhin offen über ihren Fall. Tätowieren lassen will sie sich nie wieder. „Das Vertrauen ist dahin“, sagt sie. Künftig wird sie Ehemann Alexej ihre Liebe anders beweisen. Andreas Thieme

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