Im Winter muss eine Wache ausziehen

Retter suchen nach einer Bleibe

von Redaktion

Von Sascha Karowski

Der Blick ist wunderschön. Nach Süden reicht er bei Föhn bis in die Alpen, im Osten bei Flutlicht bis ins Grünwalder Stadion. Und im Norden ragt jederzeit gut sichtbar der Olympiaturm empor. Es gibt wahrlich schlechtere Arbeitsplätze als den von Robert Schmitt hoch oben in einem Gebäude an der Reichenhaller Straße – zumindest in Sachen Ausblick. Anders sieht es aus, wenn man Schmitt nach der Perspektive fragt.

Schmitt, 53, bulliger Typ, graue Stoppelhaare, fester Händedruck, ist Geschäftsführer der MKT Krankentransport Schmitt/Obermeier OHG. Und die hat ein Problem, spätestens zum Ende des Jahres. Denn die Retter finden in der prosperierenden Stadt keine Stellplätze mehr für ihre Rettungswagen, keine Räume mehr für die Wache.

MKT hat in München sieben Standorte, einer wurde geschlossen. 17 Jahre lang gab es Räume und Garagen am Deutschen Herzzentrum. Doch dort wird eine Fachhochschule entstehen, das Domizil der Retter wurde abgerissen. „Wir hatten auch nur vier Monate Zeit für den Auszug“, berichtet Schmitt. Und dann standen sie mit dem Rettungswagen buchstäblich auf der Straße.

Die Rettungsdienste sind untereinander gut vernetzt. Man versteht sich und hilft sich. So kam die MKT-Wache für kurze Zeit bei der freiwilligen Feuerwehr unter. „Unsere Sanitäter haben sechs Wochen in einem Besprechungsraum übernachtet. Das war für alle keine befriedigende Situation“, sagt Schmitt. Bis Ende Dezember kann der MKT noch in der alten Feuerwache 4 in Schwabing bleiben. Danach sieht es düster aus. Sicher: Der Rettungswagen kann auch draußen stehen. Doch man stelle sich vor, es gibt einen Einsatz, und die Retter müssen erst mal das Fahrzeug von Eis und Schnee befreien.

Schmitt hat bereits mit OB Dieter Reiter (SPD) gesprochen und auch mit Kommunalreferent Axel Markwardt. Fazit: „Man kriegt nichts mehr!“ Daher richtet der 53-Jährige nun eine Bitte an die Münchner Bürger: Wer einen Ort kennt, eine alte Halle oder dergleichen, wo eine Rettungswache mit beheizbarer Garage Platz hätte, soll sich doch melden. Vorstellbar ist auch eine Freifläche, auf der eine Rettungsstation in Containerbauweise mit einer Fertiggarage errichtet werden könnte. Mit einem solchen Modell hat man sich unlängst in Anzing (Landkreis Ebersberg) beholfen.

In dem aktuellen Problem des MKT offenbart sich einmal mehr das Dilemma der Stadt: München wächst, immer mehr Bürger drängen auf den immer gleichen Raum. Flächen werden knapp. „Je weiter die Stadt aber wächst, desto mehr Rettungssanitäter, desto mehr Feuerwehr braucht es“, sagt Schmitt.

Gesetzlich vorgeschrieben müssen die Lebensretter binnen zwölf Minuten an einem Unfallort sein. Daher sind die Stationen über die Stadt verteilt. „Bei einer Großeinsatzlage können ja nicht alle aus einer Garage ausrücken.“

Das Platzproblem hat der MKT im Übrigen nicht exklusiv. Auch die Johanniter klagen: Seit 1. September haben die Retter ein weiteres Fahrzeug im Bereich Obersendling. „Dafür suchen wir aktuell eine beheizte Garage sowie angrenzende Räume“, sagt Sprecher Gerhard Bieber. „Der Markt ist auch bei Gewerbeimmobilien eine stete Herausforderung.“

Das Rote Kreuz hat zwar derzeit noch genügend Platz. „Sollten aber künftig neue Stellplätze benötigt werden, ergeben sich erhebliche Probleme“, sagt Sprecher Peter Behrbohm. „Immobilien, die unsere Anforderungen erfüllen, sind nur spärlich auf dem Münchner Markt verfügbar.“

MKT-Chef Robert Schmitt ist sich sicher: Nur gemeinsam lässt sich das Problem in den Griff kriegen. „Da müssen wir alle zusammenhelfen.“ Für eine bessere Aussicht.

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