Angriff an der Isar

Rabiater Jogger rennt Kinder um

von Redaktion

VON Andrea Stinglwagner

Die Kinder waren auch noch lange Zeit danach verstört: Vor den Augen von 85 Erstklässlern hat ein höchst aggressiver Jogger auf einem Fußweg nahe der Museumsinsel zuerst zwei Mitschüler wüst aus dem Weg gestoßen und dann ihre Lehrerin aus heiterem Himmel mit dem Ellbogen so verletzt, dass die Frau zusammensackte. Der Täter floh.

Es war Montagvormittag, die Kinder einer Grundschule in Giesing hatten gerade einen spannenden Ausflug ins Deutsche Museum hinter sich. Gegen halb zwölf Uhr machen sich die vier Klassen mit ihren vier Lehrerinnen zu Fuß auf den Rückweg zur Schule. Brav in Zweierreihen marschieren die Kinder auf dem breiten Rad- und Fußweg entlang der Isar an der Zeppelinstraße. Ulrike H. (52, Name geändert), eine erfahrene Lehrerin, ist mit ihrer Klasse in der Mitte der Schlange, als ihnen plötzlich ein Jogger entgegenläuft. Was dann geschieht, schilderte die Pädagogin am Freitag unserer Zeitung. Schon von Weitem habe der Mann „weg da!“ gebrüllt. Ulrike H.: „Ich hab das gar nicht verstanden, da wäre noch genügend Platz für ihn gewesen. Aber der ist nicht mal langsamer geworden, der hat sogar noch Gas gegeben!“

Der Mann schubst zwei Buben harsch zur Seite. Dann erreicht er Ulrike H., rammt ihr seinen Ellbogen mit voller Wucht in die Brust. „Mir ist die Luft weggeblieben, es hat irrsinnig wehgetan.“ Das kümmert den Jogger nicht. „Er hat uns sogar noch beschimpft und ,leck mich‘ geschrien.“

Geistesgegenwärtig versucht Ulrike H. noch ein Handyfoto von dem Rowdy zu machen, aber er ist in die Nebenstraße „Kreuzplätzchen“ eingebogen und nicht mehr zu sehen. Gekrümmt vor Schmerz ruft die Lehrerin die 110 an. Doch die Polizei sagt ihr nur, es sei kein Streifenwagen in der Nähe, sie solle den Notarzt rufen. Doch was soll die Lehrerin inmitten der Kinderschar tun? „Wir haben die Kinder erst einmal zurück zur Schule gebracht. Nach Schulschluss bin ich zum Arzt.“ Eine Brustbeinprellung wird diagnostiziert, so stark, dass sie auf die Bronchien drückt. Mit dem Attest geht Ulrike H. zur Polizei und erstattet Anzeige. Der Brustschmerz wird noch lange andauern.

Der Elternbeirat der Schule ist schockiert. „Ein solches Verhalten gegenüber einer Frau, am hellichten Tag in München, vor Kindern gehört unbedingt bestraft!“, sagt eine Mutter. Empörung herrschte auch wegen der Reaktion der Polizei: „Wir fragen uns, was ist das für ein Zeichen, wenn Schüler ihre offensichtlich verletzte Lehrerin sehen, die sich Hilfe der Polizei erhofft, diese aber nicht kommt?“

Laut Polizei waren zum Zeitpunkt von H.’s Notruf tatsächlich alle Streifen in Einsätzen gebunden. „Die große Zahl der anwesenden Kinder und die Tatsache, dass zwei Kinder ebenfalls angegriffen worden waren, wurde beim Notruf nicht angesprochen“, teilte das Präsidium mit. Nun ermittle die Münchner Kriminalpolizei. Auch gegen die Verunsicherung der Kinder will die Polizei etwas unternehmen und der Schule anbieten, einen Jugendbeamten als Ansprechpartner in die Klassen zu schicken.

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