In München leben bundesweit mit die meisten Ausländer: 28,3 Prozent. Vor zehn Jahren waren es erst 23,6 Prozent. Doch längst nicht alle wollen Ausländer bleiben: Immer mehr möchten sich gern zu ihrer deutschen Heimat bekennen, wie die neuesten Zahlen der Stadtverwaltung belegen.
„München – Stadt der Vielfalt“, beginnt der Film „Daheim in München“, der regelmäßig bei den Einbürgerungsfeiern gezeigt wird. Erst vor Kurzem fand wieder eine statt, bei der Sozialreferentin Dorothee Schiwy und OB Dieter Reiter (beide SPD) hunderte Neubürger im Alten Rathaus begrüßten. Der Kurzfilm zeigt den Marienplatz, einen Biergarten, eine Kita. „Wo man sich frei fühlt, wo man sich beschützt fühlt“ – das sind für eine Frau die wichtigsten Kriterien, sich fürs Hierbleiben und fürs Deutschsein zu entscheiden.
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) meldet für heuer einen neuen Rekord: Bis Jahresende dürften wohl rund 5200 Einbürgerungsanträge zusammenkommen. In den vergangenen Jahren waren es jeweils etwa 4500 gewesen. Seit Januar wurden bereits 3645 Menschen eingebürgert – mehr denn je: 2016 waren es 3459 neue Staatsbürger, in den Jahren davor 3010 (2015) und 2719 (2014).
Bei den Nationalitäten hat sich etwas verschoben: Seit Jahren stammen zwar die meisten Neu-Deutschen aus der Türkei (heuer 414, vergangenes Jahr 245 Anträge). Doch auf Platz zwei liegt heuer Großbritannien: Stolze 383 Briten haben seit Januar einen deutschen Pass beantragt – was größtenteils dem Brexit geschuldet ist. Vergangenes Jahr kamen dagegen 208 Anträge von Afghanen. Auf Platz drei: Irak (280 Anträge), es folgen Bosnien und Kroatien. In München leben Menschen aus mehr als 180 Ländern.
Geschenkt ist die deutsche Staatsbürgerschaft nicht. Bewerber müssen mindestens acht Jahre im Land leben und ausreichende Sprachkenntnisse nachweisen, müssen einen Einbürgerungstest bestehen, das Grundgesetz anerkennen und über ein Einkommen verfügen. Wenn Anträge scheitern, liegt das dem KVR zufolge meist daran, dass Nachweise nicht vollständig vorgelegt werden, Deutschkenntnisse fehlen oder der Lebensunterhalt nicht gesichert ist.
Der Wechsel einer Staatsbürgerschaft sei „das Ergebnis eines oft jahrelangen Prozesses“, sagte Reiter bei der Feier. „Es freut mich sehr, dass Sie sich München als den Ort ausgesucht haben, an dem Sie leben möchten. So tragen auch Sie zum kulturellen Reichtum unserer Stadt bei. Wir sind stolz darauf, dass das friedliche Miteinander eine Selbstverständlichkeit ist.“ Menschen aus allen Teilen der Welt hätten „die Geschichte Münchens mitgeprägt“. Schiwy wies darauf hin, dass in München inzwischen fast jeder zweite Einwohner einen Migrationshintergrund hat – weil er selbst oder ein Elternteil zugewandert ist. „Toleranz und Weltoffenheit gehören in München zum Alltag“, sagte Schiwy, „und sind Ehre und Verpflichtung zugleich.“
Die Motive dafür, sich einbürgern zu lassen, sind vielfältig: Laut Stadtverwaltung wollen sich viele mit der Bundesrepublik identifizieren und die vollen staatsbürgerlichen Rechte genießen, inklusive Wahlrecht. Das visumsfreie Reisen wird mit deutschem Pass erleichtert. Vor allem Briten wollen sicherstellen, dass sie sich auch künftig in Deutschland aufhalten dürfen – was womöglich nicht mehr so leicht ist, wenn Großbritannien einmal nicht mehr zur EU gehören sollte. Und vielen geht es laut KVR auch darum, sich speziell in München endlich richtig „daheim“ zu fühlen.