Reinhard Falter (57) ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Doch jedes Mal, wenn er in den vergangenen Monaten eine E-Mail des Mobilfunk-Anbieters Vodafone bekommen hat, sah der Münchner Historiker rot. Seit mehr als zwei Jahren versucht Falter, den für seinen Vater Alois abgeschlossenen Handyvertrag zu kündigen. „Von diesen merkwürdigen Praktiken sollten auch andere Kunden wissen“, sagt Falter.
Doch von vorn: 2015 schließt Falter den Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten ab, damit sein Vater Alois (95) auch dann telefonieren kann, wenn er unterwegs ist. Als der Senior nur wenig später, am 18. November 2015, stirbt, wird Falter aktiv. „Ich habe sowohl den Festnetzanschluss als auch den Mobilfunkvertrag schriftlich gekündigt“, berichtet Falter. Er schickt auch die Kopie der Sterbeurkunde per Post an Vodafone. Wenig später bekommt er eine Bestätigung. „Ich habe angenommen, dass die Sache damit beendet ist“, sagt Falter. Dass in dem Schreiben lediglich von der Beendigung des Festnetzanschlusses die Rede ist, bemerkt Falter nicht.
Erst Monate später fällt ihm auf, dass Vodafone weiter monatlich 17,99 Euro abgebucht hat – für den Handyvertrag, der weiter läuft. Es beginnt ein E-Mail-Verkehr mit dem Vodafone-Kundenservice, der an Skurrilität kaum zu überbieten ist. Immer wieder heißt es, die Sterbeurkunde sei nicht angekommen, auch wenn Falter sie drei Mal geschickt hat. Die Schreiben kommen von immer neuen Mitarbeitern mit Allerweltsnamen. Helfen kann keiner. Immer wieder heißt es, es fehle eine Bestätigung, dass die Sterbeurkunde geschickt worden sei.
Deutsch ist das, was der Kundenservice Falter mitteilt, in vielen Fällen nicht. So heißt es etwa: „Damit ich Ihnen weiterhelfen kann, benötige ich Ihre Unterstützen.“ „Ich habe die Fachabteilung persönlich für Sie besprochen.“ „Unsere Arbeitszeiten sind vom 8 Uhr bis zum 18 Uhr.“ Und: „Wir haben leider keine Sterbeurkunde postalisch bekommen. Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Vodafone schätzt Sie sehr.“ X-mal geht es hin und her. Falter: „Auf meine Fragen ist keiner eingegangen. Bei der Problemlösung sind wir immer wieder hinter den erreichten Stand zurückgefallen.“ Im Juni 2017 stellt Falter die Zahlungen an Vodafone ein.
Was Falter in zwei Jahren keiner mitteilt: Das „Sonderkündigungsrecht“, das im Todesfall gilt – und für das es eine Sterbeurkunde bräuchte, hat Falter nicht. Denn: Der Vertrag läuft auf seinen Namen und nicht auf den seines Vaters. Somit hat er lediglich das normale Recht, fristgerecht drei Monate zum Laufzeitende des Vertrags zu kündigen.
Weil der Historiker genervt ist, wagt er sich auch mehrere Male in die telefonische Kunden-Hotline des Telefonanbieters. „Geholfen hat man mir da auch nicht.“ Seine Kündigung sei angenommen, hieß es zuletzt per Mail, zum 24. September 2018 ende der Vertrag. Falter soll also weitere acht Monate zahlen. So geht es bis 23. Januar weiter.
Inzwischen hat Falter auch ein Mahnverfahren am Hals. Das Inkasso-Unternehmen, mit dem Vodafone zusammenarbeitet, schickt ihm eine Mahnung. Er soll 201,24 Euro zahlen, davon 122 Euro an ausstehenden Handykosten.
Möglicherweise alles ein Missverständnis, sagt Volker Petendorf, Sprecher von Vodafone Deutschland. „Man hätte Herrn Falter darauf hinweisen müssen, dass kein Sonderkündigungsrecht besteht.“ Um dieses in Anspruch zu nehmen, hätte Falter seinen Vater bei Vertragsabschluss als Mitnutzer des Handys eintragen lassen müssen. Die Mitarbeiter hätten aber den Vertrag aus Kulanz beenden können, sagt ein weiterer Vodafone-Sprecher. „Das ist unglücklich gelaufen. Wir können uns nur in aller Form entschuldigen.“ Man werde den Vertrag rückwirkend zum 24. September 2017 beenden und das Mahnverfahren einstellen, kündigt Petendorf an. Dass Methode hinter dem Vorgehen steckt, weist der zweite Sprecher, der sich nicht namentlich nennen lassen will, von sich. „Das möchte ich nicht unterstellen.“