Brennende Autos, Bagger und Container, Farbbeutel-Attacken auf Banken – seit Monaten beschäftigen Brandanschläge, die sich mutmaßlich gegen Immobilienfirmen und Bauunternehmen richten, den Staatsschutz. Womöglich stecken hinter vielen der Taten linksextreme Gentrifizierungsgegner. Auch ein Zusammenhang mit dem G-20-Gipfel ist möglich.
Anfang Februar ging auf der Baustelle des alten Viehhofs in der Nacht gegen 3.30 Uhr ein 280 000 Euro teurer Hightech-Kettenbagger in Flammen auf (wir berichteten). Der Schaden beläuft sich auf mehr als 100 000 Euro. Das Kommissariat 43, zuständig für politisch motivierte Straftaten, ermittelt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus und vermutet die Täter offenbar im linken Spektrum. Hintergrund könnte sein, dass auf dem Gelände neben dem Neubau des Volkstheaters 400 bis 450 neue Wohnungen geplant sind. Befürchten die Täter eine Luxussanierung des Schlachthofviertels und wollten mit dem Brandanschlag ein Zeichen setzen? Obwohl die mit den Abbrucharbeiten auf dem Viehhof-Gelände beauftragte Firma 10 000 Euro Belohnung für Hinweise ausgesetzt hat, sind die Täter jedenfalls noch nicht gefasst.
Nicht der erste Anschlag, der in diese Richtung geht. Meistens am Wochenende und mitten in der Nacht zwischen zwei und drei Uhr schlagen die Täter zu. Am 9. Juni 2017 warfen Unbekannte Steine auf eine Fassade an der Baldestraße im Glockenbachviertel. In dem Gebäude hat ein Bauträger für hochwertige Wohnimmobilien ein Büro. Am 21. November flogen erneut Steine gegen die Glasfront, am 25. November brannte gegenüber eine Papiertonne. Im September gingen zwei Bagger auf einer Baustelle an der Erhardtstraße in Flammen auf – ein Projekt dieser Firma. Im Oktober brannte in Schwabing der Smart eines Immobilienmaklers. Ebenfalls im Oktober flogen Steine gegen die Scheiben der Commerzbank am Tegernseer Platz in Giesing. Auf der Straße brannten Reifen. Ende Februar wurde die Bank dann erneut Ziel eines Anschlags. Unbekannte warfen Steine und Farbbeutel auf die Commerzbank.
Der Staatsschutz vermutet die Täter im linksautonomen Spektrum. Da der oder die Verursacher der jüngsten Brandanschläge noch nicht gefasst wurden, halten sich die Ermittler sehr bedeckt. Laut Kriminalstatistik registrierte die Polizei im Jahr 2016 im Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität – Links“ 527 Delikte. Das entspricht einem Zuwachs von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das Jahr 2017 will die Polizei weder Zahlen noch Tendenzen bekannt geben, da die Auswertung noch andauert.
Wie das Landeskriminalamt auf Nachfrage mitteilt, wurden unter dem thematischen Gesichtspunkt „Sozialpolitik – Umstrukturierung“ im Jahr 2015 fünf Straftaten registriert. Im Jahr 2016 waren es schon 27. Da die Auswertung für das Jahr 2017 noch nicht abgeschlossen ist, will das LKA nur eine „tendenzielle Steigerung der Fallzahlen“ angeben. Das heißt, dass davon auszugehen ist, dass die Polizei für das Jahr 2017 eine Zunahme der Straftaten unter diesem Gesichtspunkt melden wird.
Möglich ist auch, dass es einen Zusammenhang der Anschläge mit dem Hamburger G-20-Gipfel gibt. Anfang Februar riefen linksautonome Unterstützer inhaftierter G-20-Gegner im Internet „Aktionstage“ aus, „an möglichst vielen Orten“. Das Motto lautete „Feuer und Flamme der Repression“. „Lasst uns mit vielfältigen Aktionen Zeichen setzen, die zeigen, dass wir dieses System infrage stellen“, schrieben die Initiatoren. Dabei seien „der Fantasie und Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt – von Kuchen backen (…) bis hin zu dem Sich-Nehmen der Straße und direkten Aktionen – alles kann, nix muss!“ stefanie wegele