Typisierungsaktion

Bayern kämpft gegen Leukämie

von Redaktion

VOn Sarah Brenner

Vor etwa zweieinhalb Jahren hat Manuela Wultschnig ein Anruf erreicht, der nicht nur ihr eigenes Leben für immer verändern sollte. Schließlich hatte die Münchnerin irgendwo auf der Welt einen genetischen Zwilling, der ihre Hilfe brauchte. Ohne zu zögern, willigte die 38-Jährige ein, ihrem todkranken „Doppelgänger“ zu helfen, sie wurde Stammzellenspenderin. „Der Tag, an dem ich erfahren habe, dass ich einem fremden Menschen mit meinem Blut das Leben retten kann, war wie ein Sechser im Lotto – einfach unglaublich.“

Um dem Empfänger den Schritt in ein neues, gesundes Leben zu ermöglichen, musste sich die 38-Jährige vier Tage in Folge eine Spritze setzen lassen. Die injizierte Flüssigkeit gaukelte ihrem Körper eine Infektionskrankheit vor, mit all ihren Folgen: Fieber, Gliederschmerzen, Unwohlsein. Dabei produzierte ihr Körper jede Menge weiße Blutkörperchen, an denen die wertvollen Stammzellen anhaften. Die sind der Münchnerin anschließend mithilfe einer Art Dialyse-Verfahren aus dem Blut gefiltert und nach Tschechien verschickt worden. Denn dort wohnt Wultschnigs genetischer Zwilling – bis heute.

Auch Martin Prankl konnte einem fremden Menschen das Leben retten – anders als Manuela Wultschnig hat sich der 33-Jährige seine Stammzellen allerdings nicht aus dem Blut, sondern aus dem Knochenmark entnehmen lassen. Welches Entnahmeverfahren gewählt wird, richtet sich in erster Linie nach den Bedürfnissen des Patienten. Obwohl Prankl für die Entnahme der Stammzellen ins Krankenhaus musste, stand für ihn von Anfang an fest, dass er helfen wollte. „Die Entscheidung hat meinem Leben einen ganz neuen Sinn gegeben“, erzählt er, „ich würde jederzeit wieder so handeln.“

Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts erkranken bundesweit jedes Jahr um die 11 000 Menschen an Leukämie. Obwohl sich mittlerweile mehr als 31 Millionen Menschen in ein weltweit vernetztes Spendenregister eingetragen haben, steht jedem zehnten Patienten noch immer kein geeigneter Spender zur Verfügung. Vincent Kammerloher hatte Glück. Der 26-Jährige hat den Kampf gegen den Krebs gewonnen – dank eines Spenders.

Als der Freisinger die Diagnose bekam, war schnell klar: Ohne fremde Hilfe ist in einem Jahr Schluss. „Schluss mit Fußball, Schluss mit Arbeit, Schluss mit allem.“ Der Mann, der dem Freisinger den Schritt in ein gesundes Leben ermöglicht hat, heißt Markus, ein Student aus Nordrhein-Westfalen. Der heute 30-Jährige stornierte seinen Urlaub in New York, um seinem genetischen Zwilling zu helfen, einem Mann, den er noch nie zuvor gesehen hatte. „Dafür bin ich ihm für immer dankbar“, sagt Kammerloher.

Heute will der Freisinger anderen Menschen beim (Über-)Leben helfen. Gemeinsam mit der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) macht der 26-Jährige auf die tückische Krankheit aufmerksam. Am 25. Mai veranstaltet die AKB die größte Typisierungsaktion im Freistaat. Typisieren lassen kann sich jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 45 Jahren. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich selbst zu testen, mithilfe eines sogenannten Lebensretter-Sets, das an den mehr als 200 Orten ausgegeben wird.

Bislang betreut die AKB knapp 300 000 Spender aus dem Freistaat. „Einem gesunden Menschen fehlen nach der Typisierung lediglich ein paar Tropfen Blut“, sagt Vorstand Hans Knabe. Doch die können einem kranken Menschen im Idealfall das Leben retten. „Ich bin der beste Beweis dafür, dass das Verfahren funktioniert“, sagt Vincent Kammerloher. Heute weiß er: „Das wertvollste Geschenk im Leben ist das Leben selbst.“

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