Im Jahr 2013 hat der damalige Finanzminister Markus Söder (CSU) die Wohnungen der staatlichen GBW verkauft – an ein privates Konsortium unter Führung der Patrizia. Unter den Wohnungen waren etliche für Geringverdiener, so auch die EOF-Wohnung der Klägerin an der Adams-Lehmann-Straße am Ackermannbogen.
Der private Eigentümer erhöht die Mieten seitdem regelmäßig – alle drei Jahre um 15 Prozent. Das ist rechtens, urteilte das Landgericht München jetzt. Der Mieterverein fordert darum den Freistaat auf, einen Teil der Mieterhöhungen zu übernehmen. „Der Freistaat muss Geringverdiener vor solchen Erhöhungen schützen“, sagt Vereinschef Volker Rastätter.
Das Kürzel EOF steht für „einkommensorientierte Förderung“. Sie wird vom Freistaat gewährt und kommt Geringverdienern zugute. Diese bekommen einen Zuschuss zur Miete, je nach Einkommen maximal 3,75 Euro pro Quadratmeter. Bei Mieterhöhungen wird der Zuschuss nicht erhöht – sie muss also allein der Mieter tragen.
Rastätter fordert: „Das Mindeste wäre, dass der Freistaat die Zuschüsse für diese Mieter erhöht.“ Langfristig aber müsse die Landesregierung die EOF-Richtlinie ändern und solche Mieterhöhungen an sich verhindern.
Dass das möglich ist, hat die Stadt München vorgemacht. Sie erhöht in ihren eigenen EOF-geförderten Wohnungen der Gesellschaften GWG und Gewofag die Miete erst nach fünf Jahren und dann nur um den Verbraucherpreisindex – das kommt die Mieter günstiger. Auch bei EOF-Wohnungen, die nach 2015 in München gebaut wurden, gilt diese Obergrenze. Allerdings nur, weil die Stadt München dafür zahlt. Rastätter sieht den Freistaat in der Pflicht: „Es ist eigentlich nicht die Aufgabe der Stadt, sondern des Freistaats, die Wucht der Erhöhungen abzufangen.“
In den GBW-Immobilien am Ackermannbogen treibt die Mieterhöhungspolitik bereits skurrile Blüten. Dort zahlen diejenigen, die weniger verdienen, teils mehr Miete als die Mieter mit mehr Einkommen. Denn beim München-Modell, mit dem die Stadt Mieter bis zu einer Einkommensobergrenze von rund 37 800 Euro brutto fördert, ist eine Mieterhöhungsbremse eingebaut. Beim EOF, mit dem der Freistaat Geringverdiener bis 28 100 Euro brutto fördert, dürfen die Mieten in den GBW-Wohnungen dagegen nach den Regeln des BGB erhöht werden. Berechnungen des Mietervereins zufolge führt das dazu, dass spätestens nach fünf Jahren alle EOF-Mieter die München-Modell-Mieter überholt haben.
Für die unterlegene Mieterin und ihren Anwalt Michael Löffler ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen. Zwar ist eine Revision ausgeschlossen, sie wollen aber Stadt und Freistaat notfalls auf Schadensersatz verklagen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) haben ihrer Meinung nach den Mietern versprochen, sie seien geschützt. „Das kann doch nicht sein, dass alles nur leere Versprechungen waren und jetzt gar keiner dafür geradestehen muss“, sagt die vor Gericht unterlegene Mieterin.
Ihr Anwalt Michael Löffler erklärt das weitere Vorgehen: „Zunächst warten wir den Ausgang der Berufungsverfahren ab. Danach werden wir auf eine außergerichtliche Einigung mit der Stadt und dem Freistaat drängen. Wenn diese nicht möglich sein sollte, dann scheuen wir die Klage nicht.“