Supermärkte dürfen Schockbilder verdecken

von Redaktion

Zigarettenautomaten an der Kasse müssen keine Ekelfotos zeigen

Das Münchner Landgericht hat ein Urteil mit Signalwirkung für Tabakindustrie und Einzelhandel gesprochen: Supermärkte dürfen die ekelerregenden Schockbilder auf Zigarettenschachteln im Verkaufsautomaten verdecken. Die Produktpräsentation in den Automaten sei nicht Teil der Verkaufsverpackung, entschied die 17. Handelskammer. Verboten wäre es demnach nur, wenn die Bilder von Krebsgeschwüren und verfaulten Zähnen auf den Zigarettenschachteln abgeklebt würden. Die Tabakerzeugnisverordnung, die die Schockbilder vorschreibt, gilt nach Einschätzung der Richter aber nicht für Verkaufsautomaten.

Geklagt hatte der bayerische Anti-Tabak-Verein Pro Rauchfrei. Dessen Vorsitzender Siegfried Ermer will nicht aufgeben und den Streit notfalls noch über die nächsten drei Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof ausfechten. In dem Verfahren ging es zwar nur um zwei einzelne Münchner Edeka-Läden, doch sieht der Verein das als Musterprozess. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Gawinski und die Kammer ließen die Berufung zu. „Wir fangen nicht irgendwas an, um dann gleich wieder aufzugeben“, so Ermer. „Wir sind der Überzeugung, dass der Europäische Gerichtshof den richtigen Blick auf die Situation hat.“ Die Darstellung auf den Automaten ist nach Einschätzung Ermers eine Außenverpackung. „Es ist ein Unding, dass in Deutschland Tabakprodukte in Lebensmittelgeschäften verkauft werden dürfen.“

Die Richter aber unterscheiden zwischen der eigentlichen Zigarettenverpackung und dem Automaten – so argumentiert auch der Einzelhandel. Die EU-Tabakrichtlinie schreibt vor, dass auf Zigarettenpackungen große, abschreckende Fotos gezeigt werden müssen. Zusammen mit Warnungen wie „Rauchen ist tödlich“ müssen die Bilder mindestens zwei Drittel der Fläche auf den Vorder- und Rückseiten einnehmen. In Supermärkten werden die Verpackungen in der Regel durch Karten verdeckt, auf denen nur Markenlogo, Anzahl der Zigaretten in der Schachtel und Preis zu sehen sind.

Die Richter sehen das Verdecken der Schockbilder auch nicht als Irreführung der Kundschaft. Vor dem Bezahlen bekommen die Kunden die Bilder zu Gesicht, wenn sie die Schachtel aus dem Automaten ziehen. Den Käufern würden keine Informationen vorenthalten, sagte der Vorsitzende Richter. „Es ist unstrittig, dass der Kunde zu diesem Zeitpunkt (des Kaufs) die Information Schockbilder hat.“ Müsste der Einzelhandel die Bilder aufdecken, dann wäre dafür nach Überzeugung der Richter ein Gesetz notwendig, nicht eine bloße Verordnung.

Nächste Instanz ist nun das Münchner Oberlandesgericht, danach könnte der Fall unter Umständen an den Bundesgerichtshof gehen und dann zum Europäischen Gerichtshof. carsten Hoefer (DPA)

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