Als Helmut Steinle vor vier Jahren einen Skoda Altea XL kaufte, war für ihn klar, dass es ein Diesel sein soll. „Günstig, sparsam und umweltschonend, das war mein Eindruck von dem Wagen“, erinnert er sich. Heute, knapp drei Jahre nachdem die Dieselbetrügereien im Volkswagen-Konzern publik wurden, soll Steinles Skoda nach dem Willen des KVR stillgelegt werden. Ein Schicksal, das bundesweit noch 15 000 andere Dieselbesitzer treffen könnte. Steinle hätte nie für möglich gehalten, dass er einmal einer von ihnen sein könnte.
„Ich bin völlig ratlos“, sagt er. Am vergangenen Montag war ihm das Schreiben des KVR in Abwesenheit ins Haus geflattert. Binnen einer Woche müsse das Auto stillgelegt werden, sonst droht eine Strafe von 250 Euro. Vorangegangen sind Prozesse, Missverständnisse und jede Menge Ärger.
Dabei hatte Steinle eigentlich nur ein Auto kaufen wollen, das seine Tochter und ihr Mann einmal nützen können, wenn sie eine Familie gegründet haben. „Wir haben also gleich was Größeres gekauft.“ Die Eltern eines drei Monate alten Kindes könnten aber schon heute ohne fahrbaren Untersatz da stehen.
Nach Bekanntwerden des Dieselskandals war schnell klar, dass auch in ihrem Auto die VW-Betrugssoftware verbaut worden war. Im Familienrat fiel die Entscheidung, es zurückzugeben. Einerseits weil die Familie befürchtete, irgendwann nicht mehr in die Stadt fahren zu dürfen. „Außerdem machten uns Berichte Sorgen, dass die Softwareupdates für Probleme mit dem Motor sorgen könnten“, sagt Steinle. Doch der Händler wollte den Wagen nicht zurücknehmen. Also nahm sich Steinle einen Rechtsanwalt, der vor vier Monaten eine Klage gegen den Händler einreichte. Eine erste Verhandlung in Landshut führte nicht zum Erfolg, Ende Juli ist der Berufungsprozess in München angesetzt. „Bis dahin hätte ich gerne noch Zeit, den Wagen im jetzigen Zustand zu lassen“, sagt Steinle. Denn sein Anwalt habe ihm geraten, kein Update vorzunehmen, um das Auto als Beweismittel nicht zu verändern. Darum ignorierte Steinle die Aufforderungen, zum Rückruf in die Werkstatt zu kommen.
Vor einem Monat dann der erste Brief vom KVR. „Das war die Aufforderung, binnen vier Wochen das Software-Update durchführen zu lassen“, sagt er. Eigentlich hatte der Anwalt dagegen Einspruch erheben wollen – doch hier geriet Sand ins Getriebe, ohne dass Steinle davon wusste. „Der Anwalt musste die Rechtsschutzversicherung kontaktieren und fragen, ob sie die Kosten übernehmen würde. Die Versicherung war so überlastet und hat sich nicht gerührt.“ Und so sei der Einspruch unter den Tisch gefallen. Das Ende vom Lied: Am vergangenen Montag ging Steinle ein Schreiben zu, dass das Auto heute stillgelegt würde. Da er mit seiner Frau im Urlaub war, konnte er den Brief erst am Freitag lesen – zu spät um noch jemanden beim KVR zu erreichen.
„Ich fühle mich völlig hilflos“, sagt Steinle, der nicht wirkt, als wolle er aus dem Dieselskandal Profit schlagen. „Es geht mir nicht darum, den vier Jahre alten Wagen gegen einen nagelneuen einzutauschen. Wir wollen das Auto einfach nur loswerden.“
Jetzt will er aber erst einmal den fahrbaren Untersatz für die Familie seiner Tochter retten. „Im Familienkreis haben wir uns überlegt, heute noch eine Werkstatt aufzutreiben, die uns kurzfristig das Update macht.“ Er hofft, dass ihm das vor Gericht nicht als Nachteil ausgelegt wird. Der Kampf an verschiedenen Fronten sei jedenfalls nervenaufreibend. „Für mich ist allein der Gang vor Gericht ein riesiger Schritt gewesen“, sagt Steinle, der sich fühlt, als sei er zwischen die Mühlen von Justiz und Verwaltung geraten. „Es ist manchmal wie der berühmte Kampf gegen Windmühlen.“