Die Fußgängerampeln im Glockenbachviertel zeigen dieser Tage wieder gleichgeschlechtliche Pärchen. Das ist ein Zeichen – für Gleichberechtigung, aber auch ein untrügliches dafür, dass der Christopher Street Day wieder stattfindet. Jedes Jahr gehen tausende Menschen auf die Straße, um laut und bunt gegen die Ausgrenzung von Minderheiten aller Art zu kämpfen. Rekordverdächtige 134 Gruppen aus dem Stadtleben hatten sich dieses Jahr zur Politparade angemeldet. Darunter war auch der Wagen der Lesben und Schwulen in der Union (LSU). Dieser wurde am Samstag ausgebremst, etwa 30 Demonstranten, darunter viele Mitglieder der Grünen Jugend, setzten sich nahe des Alten Rathauses auf die Straße. Auf einem Transparent war zu lesen: „Eure Asylpolitik tötet – Tut was!“
„Es ist doch absurd, wenn man mit einer Organisation für Menschenrechte demonstriert, die das grundlegendste Recht, nämlich die Rettung vor dem Tod, nicht anerkennt“, sagt Grünen-Stadtrat Dominik Krause, der sich an der Sitzblockade beteiligt und auch auf der Bühne gesprochen hatte.
Dort hatte sich auch Hans Theiss von der CSU geäußert, war stellenweise ausgebuht worden. „Ich finde, mit der Blockade wurde eine Grenze überschritten“, sagte Theiss. „Besonders absurd ist es für mich, dass gerade auf dem CSD, wo Toleranz zu Recht groß geschrieben wird, durch solche Aktionen der Versuch gemacht wird, Leute mit einem anderen politischen Hintergrund zu stigmatisieren. Toleranz ist aber keine Einbahnstraße.“ Beim Eintreffen der Polizei löste sich die Sitzdemo von selbst auf.
Ein anderer Vorfall endete offenbar nicht so glimpflich. Laut Mitteilung der Polizei seien Beamte von einer Gruppe Autonomer beleidigt worden. Bei dem Versuch, die Identität der Personen festzustellen, sei es am Marienplatz zu einer Rangelei gekommen, später zu einer weiteren. Gegen insgesamt fünf Personen wird wegen Körperverletzung, Widerstand, Gefangenenbefreiung sowie Beleidigung ermittelt. Zwei Personen wurden vorläufig festgenommen, eine Person wurde aufgrund ihrer Aggressivität in Sicherheitsgewahrsam genommen.
Die Landtagsabgeordnete Claudia Stamm (Mut) gab im Anschluss an, von einem Polizisten verletzt worden zu sein. In einer Stellungnahme heißt es: „Als ich am Zaun des Backstage-Bereichs vorbei ging, habe ich einen für mich empfundenen massiven Polizeieingriff wahrgenommen.“ Die Aussage der Polizisten, dass Beleidigungen der Auslöser des Einsatzes waren, habe Stamm nicht hinnehmen wollen. „Als Abgeordnete wollte ich den Eingriff beobachten. Die Kette der Polizei wollte mich nicht durchlassen, ich sagte daraufhin, dass es meine Aufgabe sei, die Exekutive zu kontrollieren und ich den Eingriff zumindest sehen möchte, und versuchte, hinter die Polizisten zu gehen, damit mir dies möglich ist. Daraufhin wurde ich von einem Polizisten in die Gegend der unteren Rippen ,gehauen‘ und massiv am Arm festgehalten.“ Wie in solchen Fällen üblich, hat das Landeskriminalamt mittlerweile die Ermittlungen aufgenommen.
Die Vorfälle sollen aber den CSD nicht in ein schlechtes Licht rücken, der laut Polizeiangaben 16 000 Teilnehmer und 160 000 Zuschauer in die Innenstadt gelockt hat. „Bunt ist das neue Weiß-Blau“ lautete das Motto, ein Thema ganz im Zeichen der bayerischen Landtagswahl. „Auch Bayern muss sich endlich bewegen“, sagt Thomas Niederbühl, politischer Sprecher des CSD und Stadtrat der Rosa Liste. „Bis jetzt hat sich der Freistaat nur als Bremser der Gleichstellungspolitik gezeigt.“