Weltgrößter Medizinkongress in München

Stadt rollt für Kardiologen den Teppich aus

von Redaktion

Von Peter T. Schmidt

Die Vorbereitungen laufen seit vier Jahren, und jetzt ist Endspurt angesagt. München hübscht sich auf für eine Braut, die weiß, was sie wert ist und sich dementsprechend wählerisch gibt. Ihre Mitgift ist beachtlich: Der jährliche Kongress der Europäischen Kardiologengesellschaft ESC wird nicht nur ein weltweit beachtetes Schaufenster für die neuesten Entwicklungen der Medizin rund ums Herz sein. Das Treffen spült auch eine Menge Geld in die Stadt. Knapp 1000 Euro gibt der durchschnittliche Kongressteilnehmer nach jüngsten Erhebungen des Ifo-Instituts täglich aus. Davon profitieren Messe, Hotels und Gastronomie ebenso wie Taxis, Handel und Dienstleister in der Stadt. Besucher von Medizinkongressen – allen voran die Kardiologen – seien in besonderem Maß an hochwertigen Angeboten interessiert, sagt Reinhard Pfeiffer, Vizechef der Messe München. Die Wirtschaftskraft des fünftägigen Kongresses summiert sich auf geschätzte 100 bis 150 Millionen Euro.

Für die Messe München ist der ESC-Kongress die wichtigste Gastveranstaltung überhaupt. Pfeiffer ist stolz, dass die Mediziner nach 2004, 2008 und 2012 nun schon zum vierten Mal nach München kommen. Seit 2012 war der Kongress in London, Rom, Amsterdam und zweimal in Barcelona. Die Erwartungen der Teilnehmer an das Umfeld des Tagungsorts sind höher geworden, seit die Teilnehmergebühren stiegen, weil die Pharmakonzerne ihre einst üppigen Zuwendungen für solche Kongresse zurückgefahren haben. Da wird auch die Konkurrenz unter den Tagungsorten härter. München, so sagt Pfeiffer, „hat nicht das Meer wie Barcelona zu bieten oder den Vatikan und antike Stätten wie Rom. Aber wir haben unsere bayerische Lebensart – ein Flair, das die Stadt einzigartig macht“. Das passe zum ESC, denn der Kardiologe sei gebildet, viel und gerne unterwegs und an Land, Leuten und Kultur interessiert.

Wer Gastgeber dieses erlauchten Kreises sein will, muss eine Reihe von Anforderungen erfüllen. Da ist zuallererst die schiere Größe des Kongresses – kein Problem für die Messe München, wo der ESC das gesamte Kongresszentrum ICM sowie sechs Messehallen belegen wird. Und dann sind da noch die sogenannten weichen Faktoren – Atmosphärisches, das den begehrten Gästen wichtig ist. „Man will sich willkommen fühlen“, sagt Pfeiffer.

Das fängt damit an, dass sich um die Austragung des Kongresses ganz offiziell die Stadt bewirbt – im Schulterschluss mit Messe, Hotellerie und Handel und mit einem gut 100 Seiten starken „Bid-Book“, wie es auch bei der Fußball-WM der Fall war. Darin preist München seine Standortvorteile an – vom Freizeitwert über die zahlreichen medizinischen und wissenschaftlichen Einrichtungen bis zur Pharmaindustrie in der Region. Penibel ist aufgelistet, was an besonderen Willkommensgesten geplant ist – vom Willkommensbrief des Oberbürgermeisters, den jeder Gast in seinem Hotelzimmer vorfinden wird, über Beflaggung mit dem Kongress-Logo an der Messe, am Flughafen, in der Innenstadt und an den Tagungshotels. Jede Kleinigkeit ist entscheidend für den Gesamteindruck. Und der ist wichtig, denn „wir bewerben uns schon für den Kongress 2022/23“, berichtet Pfeiffer.

Das Ganze sei „ein Geben und Nehmen“, betont der Messe-Manager. Als die Messe München 2004 erstmals den ECS-Kongress an Land gezogen habe, sei es plötzlich viel leichter geworden, auch andere Medizinkongresse an die Isar zu holen. Deren Organisatoren hätten wohl gedacht: Wo es dem ESC gefällt, können wir nicht falsch liegen. So waren etwa im Mai 10 000 Allergologen in München. Und auch der ESC bietet München etwas: Erstmals wird es zum Auftakt am 25. August von 10 bis 17 Uhr unter dem Motto „Gesunde Herzen für München“ einen Publikumstag mit vielseitigem Programm auf dem Odeonsplatz geben.

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