Es ist Vormittag am Marienplatz. Touristen tummeln sich vor dem Alten Rathaus, Leute bummeln durch die Einkaufspassagen, Familien gehen spazieren. Ein Mann radelt vom Rindermarkt kommend auf den Fischbrunnen zu. „Stopp!“, ruft ein Mann in blauer Uniform und winkt mit beiden Armen. „Hier ist Fußgängerzone!“ Es gibt ein Verwarnungsgeld: 15 Euro. Verärgert steigt der Mann ab und schiebt.
So wie ihm erging es allein seit dem 1. Juli 477 Radlern – dabei darf man schon seit Februar 2016 nicht mehr über den Marienplatz radeln. Grund war damals die Sanierung des Hugendubel-Hauses, weil durch die Bauarbeiten die Durchfahrt am Rindermarkt zu eng wurde. Aber auch als die Baustelle im August 2017 wieder weg war, sollte die Überfahrt nicht freigegeben werden. Dies hatte die Rathaus-Regierung aus CSU und SPD beschlossen. Für Radler, Rikschas, Taxis und Busse war die Durchfahrt künftig tabu. Die einstige Fahrbahn wurde neu gepflastert. „Das hat sehr viel gebracht“, findet Manuel Pretzl (42), Vorsitzender der CSU im Stadtrat. „Ich habe den Eindruck, dass sich die meisten Radler an das Verbot halten.“ 18 Stunden lang standen die Kontrolleure des Kreisverwaltungsreferats (KVR) im Juli und in der ersten Augustwoche am Marienplatz – Falschradler mussten in dieser Zeit insgesamt 7155 Euro Strafe zahlen.
Vor drei Jahren haben im Schnitt 8000 Radler pro Tag die Nord-Süd-Route über den Marienplatz genutzt. Die neue Fahrradroute sieht so aus: Radler sollen vom Odeonsplatz kommend durch den Hofgarten, durch die Alfons-Goppel Straße und die Sparkassenstraße bis über den Viktualienmarkt ausweichen. Die neue Strecke ist 400 Meter länger als die direkte Verbindung. Schon bei der Planung waren Green City, der ADFC und die Grünen skeptisch. Das hat sich nicht geändert: „Wenn ich mein Fahrrad über den Marienplatz schiebe, denke ich mir schon: Da könnte ich locker drüberfahren“, sagt Paul Bickelbacher (54) von den Grünen. „Klar: Zu Stoßzeiten ist es ziemlich voll. Aber es ist frustrierend, dass man ab 9 Uhr morgens nicht mehr radeln darf, und der Lieferverkehr noch um 11 Uhr munter über den Marienplatz fährt.“ Der Umweg über die Alfons-Goppel-Straße sei dazu unzumutbar. „Das war wenig durchdacht von der Politik“, sagt er.
Auch Andreas Groh, stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), ist gegen das Radlverbot: „Selbstverständlich gibt es Tageszeiten, da sollte man am Marienplatz nicht mit dem Fahrrad fahren“, sagt der 34-Jährige. „Aber manchmal ist dort zum Glück weniger los, da gibt’s keine Probleme.“ Die Alternativstrecken seien keine akzeptablen Fahrradrouten: „An der Maximilianstraße sind die Radwege ständig zugeparkt, an der Alfons-Goppel-Straße herrscht gefährlich viel Busverkehr.“ Die Stadt habe vormals eine attraktive Umfahrung versprochen – aber nicht umgesetzt. „Man sollte überall für mehr Radwege sorgen“, sagt Groh. „Aber man muss den Verkehr auch verteilen und die Radler wieder über den Marienplatz fahren lassen.“