Der Traum eines Gründers ist es, dass sein Startup möglichst schnell wächst. Wenn es das besonders gut macht und einen Unternehmenswert von einer Milliarde Dollar erreicht, wird es als „Unicorn“ ausgezeichnet – zu deutsch Einhorn, weil derartig erfolgreiche Gründungen etwa so außergewöhnlich sind wie die Fabelwesen.
Dem Münchner Startup Celonis ist das innerhalb von sieben Jahren gelungen. Sie sind selten, die Einhörner. Gerade einmal sechs Start-ups haben es in Deutschland bisher geschafft, ohne Börsennotierung eine Milliardenbewertung zu erreichen. Zum Vergleich: 116 Unicorns gibt es in den USA, 67 in China und 13 in Großbritannien. „Deswegen ist es umso wichtiger, die Unternehmen, die es geschafft haben, nach ihrer Expertise zu befragen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der Celonis nun besucht hat.
Begonnen hat alles an der Technischen Universität München. Dort hat Bastian Nominacher die Mitgründer Martin Klenk und Alexander Rink im Studium kennengelernt. Unterstützt durch das TUM-Gründerstipendium EXIST, das unter anderem von Quandt-Erbin Susanne Klatten gefördert wird, haben sie ihre Idee zur Software weiterentwickelt. 2011 erfolgte die Ausgründung des Startups Celonis von der TUM. Profitabel vom ersten Tag an, 2015 das am schnellsten wachsende Technologieunternehmen Deutschlands, ein Jahr später die Niederlassung in New York. Und jetzt die Auszeichnung als Unicorn durch die Millardenbewertung der US-Investoren Accel und 83North.
Mittlerweile hat Celonis über 400 Mitarbeiter. Das Geschäft von Celonis liegt im sogenannten Process-Mining. Was klingt wie eine Mischung aus Digitaltechnik und Bergbau, ist in Wirklichkeit ein Software-Programm, das die alltäglichen digitalen Abläufe von Unternehmen untersucht. Die riesigen Datenmengen, die Konzerne wie Bayer oder Siemens täglich produzieren, werden von der Celonis-Software analysiert und grafisch aufbereitet. Das Programm zeigt anschaulich, wo unnötige Prozesse liegen und wo Überarbeitungsschleifen eingespart und Fehler vermieden werden können. Der Begriff „Mining“ beschreibt quasi das Picken und Schürfen, das in diesem Fall nicht in Bergbau-Minen, sondern in den IT-Systemen der Firmen stattfindet.
Die Software lässt sich in sämtlichen Branchen anwenden, sogar in öffentlichen Institutionen. „Das Problem, das das Process-Mining noch hat“, erklärt Nominacher, „ist, dass es viele Unternehmen einfach noch nicht kennen“. Celonis ist das weltweit größte Process-Mining-Unternehmen, technologisch und nach Kunden. Dazu zählen Konzerne wie Siemens, BMW, Bayer, Vodafone oder L’Oréal. „Und die waren bisher alle begeistert“, freut sich der Gründer.
Auch der Bundeswirtschaftsminister schwärmt: „Wir können stolz sein, dass in München ein so erfolgreiches Startup entstanden ist. Trotz aller amerikanischen Verlockungen müssen wir diese Unternehmen unbedingt in Deutschland halten.“ Bleiben, das hat Nominacher vor: „München ist für uns der perfekte Standort. Wir profitieren hier von einer unglaublich guten Talentbasis.“ Der nächste Schritt wäre der Börsengang. Aber solche Spekulationen gehen dem Gründer dann doch zu weit – zumindest in der Öffentlichkeit.