Margarethe R. hat Angst vor den Menschen, die sie umsorgen sollen. Die Seniorin aus Moosach hat seit einem traumatischen Erlebnis im vergangenen Jahr das Vertrauen in ihre Pfleger verloren. Sie waren es vermutlich, die der 82-Jährigen Schmuck im Wert von 10 000 Euro aus ihrer Schatulle im Wohnzimmer gestohlen haben. Auch ihre Schwestern sind verunsichert. Unbekannte Männer standen schon mitten in der Nacht in ihren Wohnungen.
„Wir haben vielleicht ein paar Gebrechen und sind deshalb auf Hilfe angewiesen“, sagt Margarethe R. „Aber im Kopf sind wir noch fit!“ Ihren Alltag bestimmen derzeit Angst und Misstrauen. Margarethe R. sagt: „Ich kann nicht schlafen, mache mir ständig Gedanken. Meine Wohnungstür habe ich verbarrikadiert.“
Vor zwei Wochen stand ein Mann in der Wohnung ihrer Schwester. Was er wollte? Bis heute unklar. Die Schwester konnte den Mann vertreiben. Nur Pfleger haben einen Schlüssel zu der Wohnung.
Weil Margarethe R. jetzt glaubt, auch sie könnte in der Nacht unangemeldeten Besuch bekommen, hat sie sich eine provisorische Alarmanlage gebaut. „Jeden Abend lehne ich meine Krücken an die Wohnungstür. Sollte jemand hereinkommen, fallen die Krücken um und knallen auf den Fliesenboden. Dann werde ich wach und kann vielleicht noch die Polizei rufen“, hofft sie.
Erst im Juli 2017 ist die Seniorin bestohlen worden. Als sie ihrer Schwiegertochter ein Schmuckstück aus ihrer Schatulle schenken wollte, bemerkte sie, dass ihr wertvolle Erinnerungen gestohlen wurden. „Vier goldene Halsketten, fünf Ringe, darunter zwei mit echten Brillanten, und zwei edle Armreife“, zählt Margarethe R. auf.
Die Versicherung schätzt den Schaden auf rund 10 000 Euro. Viel schwerer wiegt für die Seniorin jedoch der Verlust der Erinnerungen. „Auch ein Medaillon ist weg. Da habe ich erst wenige Tage zuvor ein Bild meines verstorbenen Mannes hineingesetzt.“
Am 8. Juli 2017 erstattete Margarethe R. Anzeige bei der Polizei. Die Beamten stellten DNA-Spuren in der Wohnung sicher und nahmen Speichelproben von den Mitarbeitern des ambulanten Pflegedienstes, der Margarethe R. täglich versorgt. Noch immer wird nach den Tätern gesucht. Die Rentnerin vermutet, dass Pfleger ihr den Schmuck gestohlen haben. Teilweise kommen bis zu drei Männer. „Wenn mir ein Pfleger den Blutdruck misst und ich in meinem Wohnzimmersessel sitze, bekomme ich nicht mit, was im Rest der Wohnung passiert“, sagt Margarethe R. Eigentlich ist sie kein misstrauischer Mensch. Erlebnisse wie diese aber verunsichern sie immer mehr. „Ich bin ein Kriegskind, habe hart gearbeitet und war in meinem Leben immer korrekt“, sagt Margarethe R. „Und jetzt muss ich so etwas mitmachen.“ Der Staat müsse gerade alte, pflegebedürftige Menschen vor Kriminellen schützen, fordert Margarethe R. Beschützt fühlt sie sich nicht mehr.