Ein Bote wird zum Retter

von Redaktion

Ein ausgebüxter Dreijähriger hat am Samstag einen uniformierten Schutzengel gefunden: Als der kleine Max hilflos durch Obersendling irrte, nahm sich der Paketbote Haris Softic (35) seiner an. Noch bevor die Polizei eine große Suchaktion startete, brachte Softic den Ausreißer seiner besorgten Mutter wohlbehalten zurück.

VON ANDREAS THIEME

„Wir waren ein gutes Team“, sagt Haris Softic am Tag darauf über Max und lacht. Am Samstagmittag fuhr der DHL-Bote wie gewohnt seine Tour durch Obersendling, als ihm plötzlich ein Bub am Straßenrand auffiel. „Er weinte und konnte seine Mutter nicht finden“, erzählt Softic. „Da habe ich ihm natürlich gleich geholfen. Er sagte mir seinen Vornamen, und dann gingen wir zusammen auf die Suche.“

Was für eine schöne Geschichte in der oft anonymen Großstadt. Selbstlos unterbrach der Paketbote seine Tour und kümmerte sich um den Dreijährigen, der sich in Obersendling verlaufen hatte. Im Wohngebiet an der Seumestraße war Max eigentlich seiner Mutter hinterhergelaufen, dabei offensichtlich aber falsch abgebogen. Zum Glück lief er irgendwann dem Paketboten in die Arme. Nach rund einer halben Stunde konnte Mama Diana (37) ihren kleinen Buben dann wieder in ihre Arme schließen. „Ich war dankbar und überglücklich“, sagt sie.

Denn gegen 13 Uhr hatte sie bereits die Polizei alarmiert, als sie den kleinen Max nicht finden konnte. Das ganze Grundstück hatte die 37-jährige abgesucht. „Aber er war verschwunden.“

Eine groß angelegte Suchaktion der Polizei kann die Folge solch eines Zwischenfalls sein – und das kommt gar nicht selten vor. Doch in diesem Fall hat es die Polizei auch Haris Softic zu verdanken, dass Max schnell wieder nach Hause fand. „Er stand am Eingang einer Tiefgarage“, erinnert sich der Bote. „In dem Wohngebiet ist alles sehr verwinkelt. Ich kenne mich dort ganz gut aus durch meine Tour.“ Max und seine Mama kannte er durch frühere Zustellungen. „Vom Sehen“, ergänzt Softic. Denn natürlich kennt er nicht jeden Kunden beim Namen. Eine Nachbarin half ihm am Ende, die richtige Wohnung zu finden. Denn Max, überfordert mit der Situation, hatte nur geantwortet, er wohne „im Kindergarten“.

Seine Mutter lacht, als Haris Softic die Geschichte bei einem Treffen am Sonntag erzählt. „Jetzt ist ja alles wieder gut“, freut sich die Obersendlingerin. „Aber Sorgen hatte ich mir natürlich sehr große gemacht.“ Haris Softic zeigt sich dagegen weiterhin selbstlos. „Die Mama hat sich bei mir bedankt“, sagt er. Ein Geschenk habe er allerdings nicht haben wollen. „Für mich ist das größte Geschenk, dass Max wieder zu Hause ist.“ Eine besondere Sensibilität für Menschen habe er als Paketbote entwickelt, erzählt der 35-Jährige. Seit August 2017 arbeitet er für DHL. Es ist nicht das erste Mal, dass er Kunden helfen konnte. Vor ein paar Monaten sei eine ältere Dame tagelang nicht auffindbar gewesen. „Ich habe sie dann krank im Bett gefunden“, sagt Softic. Die Angehörigen waren erleichtert.

Und Max? Dem hat der Paketbote einen DHL-Anhänger geschenkt. „Seine Name steht drauf. Dann kann er sich beim nächsten Mal gleich ausweisen“, sagt Haris Softic und lächelt.

Artikel 2 von 7