Der Serbe Rijad K. (27) hat am 24. August 2017 einen Geldtransporter in Laim entführt und war anschließend mit einem Komplizen und der Beute im Wert von 1,146 Millionen Euro geflüchtet. Wochen später wurde K. in Ungarn an der Grenze zu Serbien gefasst. Gestern begann der Prozess gegen ihn. Für Montag hat K. ein Geständnis angekündigt. Dann will er den Namen des Mittäters und das Geldversteck verraten.
In einem einstündigen Rechtsgespräch verhandelten K.s Verteidiger, die Staatsanwältin und das Gericht über eine mögliche Strafe für den 27-Jährigen. Ergebnis: Sollte Rijad K. die Tat gestehen, den Namen seines Komplizen nennen und das Geld zurückbringen, muss er für maximal dreieinhalb bis vier Jahre ins Gefängnis.
K.s Anwälte Dzevdet Fetahi und Adrijana Blazesvska-Gkiztavidis erklärten, ihr Mandant wolle sehr wohl aussagen. „Weil Herr K. heute besonders nervös ist, wird er sich aber erst am kommenden Montag zu den Vorwürfen äußern“, sagten die Verteidiger. Rijad K. schwieg nach dem verpatzten Prozessauftakt Ende September – damals rügte die Verteidigung die Gerichtsbesetzung – also erneut. Noch kann er bei der Aufklärung helfen. Denn sein mutmaßlicher Komplize ist zwar bereits gefasst. Gewissheit gibt es allerdings erst in knapp einer Woche, wenn dessen DNA mit den Spuren am Geldtransporter verglichen wurden.
Spannend wurde es beim ersten Prozesstag am Freitag trotzdem. Denn als Zeugen sagten Rijad K.s Kollegen aus. Paul F. (24, alle Namen geändert) und Simon G. (41) waren an jenem Tag zusammen mit Rijad K. mit dem Geldtransporter der Sicherheitsfirma Prosegur auf Tour gegangen. Vor Gericht erklärten sie, wie das Sicherheitssystem des Fahrzeugs funktioniert (siehe auch Grafik oben).
K., der über eine Leihfirma engagiert wurde, war der Fahrer `. Wie die Männer erzählten, dürfe dieser den Transporter außerhalb der Firmenzentrale niemals verlassen. Andernfalls werde sofort ein Alarm ausgelöst. Paul F. fungierte als Geldbote, Simon G. als Geldsicherer. Ihr fataler Fehler war es, der Rijad K. den Coup überhaupt erst ermöglichte: Eigentlich verhindert ein Sicherheitssystem, dass ein Einzelner mit dem Geld entkommen kann. Geldtransporter sind mit drei Sicherheitstüren ausgestattet. Eine befindet sich direkt in der Fahrgastzelle a. Die Tür führt in eine Schleuse b. Geöffnet wird sie durch den Fahrer. Der Geldbote und der Geldsicherer gehen durch, warten bis sich die Tür wieder schließt. Erst dann lässt sich die Tür c zum Tresor d öffnen. Dies gelingt jedoch ausschließlich in Kombination mit einer speziellen Chipkarte, die einer der beiden Kollegen in der Schleuse bei sich trägt. Der Fehler: Paul F. und Simon G. ließen die Karte regelmäßig in der Schleuse zurück. So auch an diesem Tag.
Gegen 7.30 Uhr traf der Transporter an der Sparkassenfiliale an der Blumenauer Straße ein. Da hatte Rijad K. laut Anklage seinem Komplizen via Textnachricht schon Bescheid gegeben, wo er sich postieren soll. Geldbote Paul F. holte die Kassetten aus dem Transporter und betrat die Bank. Rijad K. bediente die Sicherheitstüren. Geldsicherer Simon G. holte sich in der Zwischenzeit Kaffee. Plötzlich war Rijad K. allein und nutzte die Chance. Als seine Kollegen nach acht Minuten zurückkehrten, schafften K. und sein Handlanger rund 500 Meter entfernt an der Rolf-Pinegger-Straße bereits die Geldkassetten durch die Außentür e aus dem Transporter. Beide hatten leichtes Spiel. Denn in der Schleuse lag die Chipkarte, mit der K. und sein Komplize den Tresor öffnen konnten.
Weitere Details wird Rijad K. am Montag selbst offenbaren müssen.