München – Revier politischer Power-Frauen

von Redaktion

Am 12. November 1918 wurde Frauen erstmals das Wahlrecht in Deutschland zugestanden. 100 Jahre später gestalten zunehmend Frauen die Politik. Auch in München. Wir stellen drei Power-Frauen vor: die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Katharina Schulze, sowie die OB-Kandidatinnen Kristina Frank (CSU) und Katrin Habenschaden (Grüne).

VON SASCHA KAROWSKI UND KLAUS VICK

Es war ein freches Gedankenspiel. Aber nachdenken wird man ja mal dürfen. Katharina Schulze ist erst 33 Jahre alt. Sieben Jahre zu jung, um Ministerpräsidentin werden zu können. Diese Altersbegrenzung störe sie, hatte die Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen im Wahlkampf verlauten lassen.

Nun gut, den Landesthron hat Schulze nicht erobert. Markus Söder blieb Ministerpräsident. Aber kaum jemand hat sich so als Stachel im Fleisch des mächtigen CSU-Politikers erwiesen wie die forsche Grüne. Und man kann davon ausgehen, dass sie den Ministerpräsidenten weiterhin piksen wird. Mit ihrer quirligen Art und ihren energischen Reden. Schulze hat sich inzwischen zum Gesicht der bayerischen Grünen gemausert – neben ihrem gleichberechtigten Fraktionschef Ludwig Hartmann.

Die gebürtige Freiburgerin war mit eine Garantin für den Erfolg der Grünen bei der Landtagswahl. In München erreichte die Öko-Partei gar ein Rekordergebnis mit 31,1 Prozent. Schulze selbst gewann ihren Stimmkreis Milbertshofen mit 35,3 Prozent. Die Landtagswahl bleibt ihr in prägender Erinnerung. „Viele Momente von diesem wilden Ritt sind in meinem Herzen gespeichert. Ich bin dankbar, dass es so viele Menschen gibt, die für ein menschliches Bayern eintreten“, erklärt die 33-Jährige. Schulze werden auch Chancen auf eine bundespolitische Karriere eingeräumt. Sie sagt: „Wir Frauen müssen weiterkämpfen: für gleichen Lohn, für gleichwertige Arbeit und die Hälfte der Macht.“ Ihr Vorsatz für 2019: „Weiter mit Leidenschaft Politik für Bayern machen.“

Schulzes Parteikollegin Katrin Habenschaden hat unterdessen Ambitionen, den OB-Sessel in München zu erobern. Sie stellt sich mutig der Herausforderung, gegen den Platzhirsch Dieter Reiter (SPD) anzutreten. Aufregend, anstrengend und turbulent sei das Jahr gewesen, erzählt die Hoffnungsträgerin der Münchner Grünen. Die 41-Jährige ist an ihren neuen Aufgaben gewachsen: „2018 habe ich so viel gelernt wie die letzten zehn Jahre nicht zusammen.“ Bereits Anfang des Jahres zeichnete sich ab, dass die bisherige Fraktionschefin im Stadtrat, Gülseren Demirel, nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung steht. An der bisherigen Stellvertreterin Habenschaden führte da kaum ein Weg vorbei. „Als ich im Mai den Vorsitz übernommen habe, war das enorm arbeitsintensiv. Man muss sich in alles reinfinden“, sagt sie. Mitarbeiterführung, Organisation, immer erreichbar sein, auch für die Presse. „Es ist viel politische Verantwortung mit dem Posten verbunden.“

Die zweifache Mutter gilt als fleißig, eifrig, gut vorbereitet und verbindlich. Und sie ist ambitioniert. „Es wird allerhöchste Zeit, dass eine Frau OB wird“, sagte sie unlängst im Interview mit unserer Zeitung. In München saß noch nie eine Frau auf dem Chefsessel im Rathaus. Politisch, so viel scheint vorhersehbar, wird Habenschaden gemeinsam mit ihrem Co-Vorsitzenden Florian Roth und der Partei alles daran setzen, sich und ihre Ideen als Alternative zur schwarz-roten Kooperation im Rathaus zu positionieren. Mit der Strategie sind die Grünen im Landtagswahlkampf gut gefahren: Nicht andere für ihre Ideen geißeln, sondern schlicht sagen, was man selbst anders machen möchte. Vor allem in der Verkehrspolitik: mehr Rad und öffentlicher Nahverkehr – und weniger Auto.

Für Habenschaden dürfte es vor allem darum gehen, in die Stichwahl zu kommen. Und da wird sie sich mit einer weiteren Power-Frau messen müssen, die eine steile Karriere hingelegt hat: Kristina Frank von der CSU. Für sie geht ebenso ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Die Stadträtin ist im August zu Münchens Kommunalreferentin aufgestiegen. Im November verkündete die Partei, Frank zudem als OB-Kandidatin zu nominieren. Der Aufstieg der jungen Mutter (ein kleiner Sohn) erfolgte rasant. Frank ist politisch überhaupt erst 2014 aufgetreten, auf Listenplatz zwölf zog sie in den Stadtrat ein. Angetreten war sie auf Platz 16. Zwei Jahre später wurde sie stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, weitere zwei Jahre später Kommunalreferentin – und dann gleich OB-Kandidatin.

Die 37-Jährige steht für den liberalen Großstadtkurs der CSU, den Ex-Bürgermeister Josef Schmid und Parteichef Ludwig Spaenle initiiert hatten. Und sie steht für Ökologie und Nachhaltigkeit, fährt bei allen Wetterlagen Rad und hat beim ihr unterstellten Abfallwirtschaftsbetrieb eine Kampagne inszeniert, um Plastik aus dem Biomüll zu verbannen. Frank inszeniert nicht nur Kampagnen, sie inszeniert auch sich selbst: sportlich beim Yoga über den Dächern der Stadt, wenig prätentiös im orangefarbenen Overall Mülltonnen über die Straße schiebend, beim Schwimmen für ein Flussbad oder beim Versteigern von Fundstücken.

Manche kritisieren diese Omnipräsenz. Aber so muss man es wohl machen, um politisch erfolgreich zu sein. 2020 dürfte es schwer werden, den Amtsinhaber zu verdrängen. Doch es geht auch darum, sich für 2026 zu positionieren, wenn Dieter Reiter nicht mehr antritt. Für Frank – und für Habenschaden.

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