Sollte es ein Gen für Faschingsliebe geben – in der Familie von Hannelore Wagner ist es garantiert zu finden. Seit 55 Jahren ist sie die gute Seele des Münchner Faschings. Als 21-jährige Frisörin heuerte sie in den 1960ern im renommierten Münchner Salon Jumel an. Alles was Rang und Namen hatte, ließ sich damals bei Edwin Jumel die Haare machen. Der Hoffriseur der Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla betrieb auch eine Filiale im Bayerischen Hof. In der Ballsaison war Hochbetrieb – und Hanni Wagner mittendrin. „Die Bälle waren eine Attraktion, der Höhepunkt des Jahres“, erinnert sie sich. „Wo sind wir denn damals sonst schon groß hingekommen?“
Unzähligen aufgeregten Debütantinnen der Münchner Gesellschaft steckte Hanni Wagner in den vergangenen Jahrzehnten die Krönchen ins Haar. Und etliche Faschingsprinzessinnen verdankten ihr ein perfektes Auftreten. „Ich bin meistens schon im Kostüm zur Arbeit gegangen. Erst wurde gekämmt, dann getanzt“, lacht Wagner. Wie viele Tanzschuhe im Laufe der Jahrzehnte dabei draufgegangen sind? „Vor Kurzem habe ich schweren Herzens sechs große Kartons ausgemistet“, so Hanni Wagner. Freiwillig und aus Platzgründen! Ihr Lieblingspaar hat die quirlige Seniorin tatsächlich durchgetanzt. „Die hatten feuerrote Sohlen, die auf dem Parkett nur so geleuchtet haben. Irgendwann sind sie in der Mitte durchgebrochen.“ Ehrensache, dass Hanni Wagner sich auch in dieser Saison wieder ins Getümmel stürzen wird. Beruflich und privat.
Bei diversen Kinderfaschingsbällen frisiert sie die kleinen Narren und Närrinnen, „teilweise schon in der dritten Generation“. „Es ist rührend zu sehen, wie die Kinder sich freuen und ihre Kostüme in Ordnung halten.“ Private Pflichttermine sind auch in diesem Jahr wieder der Unsinnige Donnerstag auf dem Viktualienmarkt und anschließend beim „Spöckmeier“ – und natürlich der berühmte Carneval in Rio im Bayerischen Hof. „Da müssen’s unbedingt mal hingehen“, rät die Expertin. „Eine Stimmung – da kann mir der Karneval in Köln gestohlen bleiben.“
Welches Kostüm sie tragen wird? „Das weiß ich noch nicht“, lacht Hanni Wagner. Es lebe die Improvisation! Ein Hingucker wird es in jedem Fall. „Wer den Fasching liebt, der gibt sich eben Mühe.“ Nicht nur die Leidenschaft für die Fünfte Jahreszeit hat Hanni Wagner im Salon Jumel gefunden – auch ihr privates Glück. Mit Edwin Jumel bekam sie zwei Söhne, die das Faschings-Gen ganz offensichtlich geerbt haben. „Mein verstorbener Mann war der Narrischste von uns“, erzählt Hanni Wagner.
Ihre Buben traten in Papas Fußstapfen. Armin Jumel regierte 1994 als Prinz Armin I. von Figaro – als der 100. Prinz der Narrhalla – und er sitzt heute noch im Elferrat. Sein jüngerer Bruder Edwin übernahm 2010 als Prinz Edwin I. der Glücksschmied das Zepter. Der jüngere Sohn war es auch, der bei Hanni Wagner im Jahr 1994 für den schönsten Ball-Moment ihres Lebens sorgte. „Den eigenen Sohn als Debütant zu erleben, das berührt einen als Mutter schon sehr“ – obwohl es auf dem Parkett kleine Differenzen gab. „Edwin hat mich damals zu einem Walzer aufgefordert. Ich habe geführt. Und da hat er doch glatt zu mir gesagt: ,Mama, Du kannst nicht tanzen.’“