Keine „Fachstelle gegen Einsamkeit“

von Redaktion

Das Sozialreferat hält das Angebot der Stadt für sozial Isolierte für ausreichend

Einsam kann jeder sein: Junge und Alte. Menschen, die ihren Partner verloren haben, die krank oder pflegebedürftig sind, denen das Geld fehlt, um am sozialen Leben teilzunehmen. Nach einer US-Studie sinkt die Lebenserwartung durch Einsamkeit so stark wie durch 15 Zigaretten am Tag. Doch: Fundierte Zahlen, wie viele Menschen in München einsam sind, gibt es nicht.

Im Januar 2018 hatte Großbritannien das weltweit erste „Ministerium gegen Einsamkeit“ eingerichtet. Inzwischen bekommt es Anfragen aus aller Welt, andere Länder wollen von der britischen Initiative lernen. Das kann auch München, dachte sich CSU-Stadträtin Anja Burkhardt – und forderte im April die Einrichtung einer „Fachstelle gegen Einsamkeit“ in München, damit „niemand in der Weltstadt mit Herz einsam sein muss“. Die Stelle solle neben der Betreuung einsamer Menschen auch erforschen, wie dem Problem Einsamkeit begegnet werden könne, erklärte Burkhardt. Und: Sie sollte Anlaufstelle für alle Einrichtungen in der Stadt werden, die Betroffenen Hilfe anbieten können.

Auch das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) befürwortet eine solche Stelle, um „Daten über die Lebenssituation einsamer und sozial isolierter Menschen in München zu erheben und ihren konkreten Bedarf an Unterstützung zu ergründen“.

Doch die Stelle wird es nicht geben, heißt es in der Vorlage von Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) für den Sozialausschuss am kommenden Donnerstag. Die bestehenden Angebote seien „geeignet“ und „ausreichend“, erklärt Schiwy.

Fakt ist: 55 Prozent der 815 000 Haushalte in München sind Ein-Personen-Haushalte. Es gebe aber, argumentiert Schiwy, diverse Angebote: für Jugendliche Jugendsozialarbeit, für Eltern die Erziehungsberatung, für psychisch Kranke Unterstützung durch das Gesundheitsreferat, für Wohnungs- und Obdachlose soziale Betreuung. Für ältere Menschen, die in besonderem Maße von Einsamkeit betroffen seien, böten unter anderem die derzeit 32 Alten- und Servicezentren ein umfangreiches und günstiges Kultur- und Teilhabeprogramm. Darüber hinaus gibt es ehrenamtliche Besuchsdienste und inzwischen stadtweit präventive Hausbesuche bei älteren Münchnern.

Schiwy räumt ein, dass „trotz dieser Angebote ein Teil der älteren Menschen nur schwer zu erreichen ist“. Deshalb habe man zuletzt das Pilotprojekt „SAVE“ initiiert, bei dem Streetworker von diesem Jahr an vorerst in vier Stadtvierteln Senioren auf der Straße ansprechen und Hilfe anbieten. Zudem sei eine Studie zum Thema Armut geplant, bei der die Lebenssituation einsamer Menschen berücksichtigt werde.

CAROLINE WÖRMANN

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