Das Geheimnis von Schließfach 4715

von Redaktion

Der spektakuläre Bankraub am Promenadeplatz wird immer mysteriöser. Mehrere Mitarbeiter hatten Zugang zum Schließfach, aus dem 4,6 Millionen Euro gestohlen wurden, doch nur gegen eine Bankkauffrau richtet sich der Hauptverdacht. Mit der Karte eines Kunden hatten sich Täter Zugang zum Tresor verschafft.

4715 lautet die Nummer eines Commerzbank-Schließfachs am Promenadeplatz. Es ist 25 Zentimeter hoch, in ihm lagerten Millionen Euro. Bankkauffrau Maria M. (57, Name geändert) hatte es für eine russische Millionärin eröffnet – und sitzt jetzt in U-Haft. Tatverdacht: gemeinschaftlicher Diebstahl. Die Angestellte soll einer Bande interne Hinweise gegeben haben, wo die Millionen lagern.

Doch noch immer gibt es viele Rätsel rund um das Schließfach. Grundsätzlich können Kunden den Tresorraum mit ihrer Magnetkarte und PIN-Nummer betreten, um ihr Schließfach zu öffnen. Mitarbeiter braucht es dazu nicht. Die werden nur tätig, wenn der Kunde wünscht, dass sie das Fach aufsperren – so wie im Fall der reichen Russin. Überwachungskameras zeichnen minutiös auf, wer den Raum betritt. Auch über die Karten werden die Kunden registriert. Dieses System tricksten die Diebe aber aus – und schickten zwei Täter in die Commerzbank, die die Karte eines Bankkunden dabeihatten, der mutmaßlich auch zur Diebesbande gehört.

Den Angestellten fiel das nicht auf. Sie wissen auch gar nicht, welcher Kunde welche Inhalte im Schließfach lagert – das verbietet das Bankengeheimnis. Eine Mitarbeiterin: „An der Nummer des Schließfaches kann man auch nicht erkennen, wie groß es ist.“

Dass in sieben Fächern der Schließfachanlage insgesamt 32 Millionen Euro lagern, wussten nur wenige Eingeweihte: Die Bankkauffrau Maria M., ein Russisch sprechender Kundenberater sowie zwei Bosse, darunter der Niederlassungsleiter, der dem Vorgang zustimmen musste. Nur Maria M. geriet jedoch bislang ins Visier der Ermittlungsbehörden, die den Fall noch immer intensiv untersuchen. „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen“, sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Um weitere Ermittlungen nicht zu gefährden, wurde mit den Überwachungsfotos nicht öffentlichkeitswirksam gefahndet – anders als zum Beispiel im Fall des Bankräubers aus der Arnulfstraße, den die Polizei vorgestern nur Stunden nach der Tat gefasst hat.

Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte die Commerzbank gestern erstmals den Millionen-Diebstahl am Promenadeplatz. Andere Schließfächer seien jedoch unberührt geblieben, sagte Sprecherin Renate Christ. Brisant bleibt der Umstand, dass weder die Millionärin, noch die Bank oder die Behörden bisher den exakten Schaden beziffern konnten. Die Summe von 4,62 Millionen ist lediglich eine Schätzung.

Immer mehr Menschen verstauen ihre Wertsachen mittlerweile in Bankschließfächern. Experten halten das auch für sicher. „In einem Bankschließfach ist das Geld genauso gut geschützt wie das Geld der Bank selbst“, sagt Silke Wolf, Geschäftsführerin des Bayerischen Bankenverbandes. Wer mag, könne sein Bankschließfach zusätzlich über die Hausratversicherung oder Hausbank versichern.

Wolf zufolge kann ein Kunde grundsätzlich so viel Geld bei der Bank einzahlen, wie er möchte. Die Menge ist nicht begrenzt. Jedoch sei es sinnvoll, gerade bei größeren Bargeldeinzahlungen „von sich aus plausibel und belegt gegenüber der Bank die Herkunft der Gelder darzulegen“. Etwa durch die Übersendung des Kaufvertrages beim Verkauf eines Autos, nennt Wolf als Beispiel aus dem Alltag. Tut ein Kunde dies nicht und ist die Herkunft des Geldes für eine Bank nicht nachvollziehbar – etwa, weil der Kunde plötzlich einen besonders hohen Betrag an Bargeld einzahlt –, so könne dies zu einer Meldung an die Financial Intelligence Unit wegen des Verdachts auf Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierung führen. „Banken sind zu solchen Verdachtsmeldungen durch das Geldwäschegesetz verpflichtet“, sagt Wolf. In der Regel gilt dies auch schon bei fünfstelligen Beträgen.

Artikel 4 von 4