Jubel bei Grünen, Desaster für SPD

von Redaktion

Debakel für die SPD, die Grünen im Höhenflug, die CSU stabilisiert ihr Ergebnis: Dieses Bild zeichnet die Europawahl in München. Die AfD sackt deutlich ab. OB Dieter Reiter (SPD) fordert von seiner Partei „personelle und inhaltliche Konsequenzen“.

VON KLAUS VICK UND SASCHA KAROWSKI

Eines stand schon kurz vor Schließung der Wahllokale am Sonntag fest: Die Beteiligung an der Europawahl war erheblich höher als 2014. In München gaben 65,4 Prozent der Bürger ihre Stimme ab. So viele wie noch nie. Vor fünf Jahren waren es nur 45,8 Prozent. Wie schon bei der Landtagswahl 2018 eroberten die Grünen die Spitzenposition in München. Sie verbesserten ihr Ergebnis von 19,6 auf 31,2 Prozent. Ein statistisches Kuriosum gab es im Falle der CSU: Die kam nämlich exakt wie 2014 auf 26,9 Prozent.

Die SPD musste auch in München ein fürchterliches Debakel hinnehmen. Der Stimmenanteil von einst 25,8 Prozent wurde mehr als halbiert – auf 11,4 Prozent. Anders als im Bundestrend konnte die AfD ihr Ergebnis in der Landeshauptstadt nicht verbessern. Die Rechtspopulisten mussten sich mit 6,0 Prozent zufrieden geben. 2014 waren es noch 7,8 Prozent. Die FDP erreichte mit 5,3 Prozent dasselbe Ergebnis wie 2014, die Linke sank von 4,1 auf 3,2 Prozent. Teils spektakuläre Erfolge erzielten die kleinen Parteien, wie etwa die ÖDP mit 3,6 Prozent, die satirische Gruppierung „Die Partei“ mit 2,7 Prozent oder Volt mit 2,2 Prozent. Schwach schnitten hingegen die Freien Wähler mit 2,4 Prozent. Die rechten Splitterparteien spielten keine Rolle.

Die OB-Kandidatin der Grünen, Katrin Habenschaden, kommentierte am Sonntag in einer ersten Reaktion: „Man merkt auch bei dieser Wahl, dass die sozialökologische Bewegung immer stärker wird und wir den richtigen Nerv treffen. Die Erfolge bei der Landtags- oder der Bundestagswahl waren keine Ausnahmen und sind nicht nur dem Spitzenpersonal der Partei geschuldet.“

Enttäuschung herrschte bei der SPD. OB Dieter Reiter erklärte: „Nach der Landtagswahl ist das ein weiteres katastrophales Ergebnis, auch in München. Da gibt es nichts schönzureden.“ Die Partei müsse jetzt dringend über inhaltliche und personelle Konsequenzen nachdenken. „Bloße Durchhalteparolen führen hier keineswegs zu einer Trendwende.“ Die Münchner Stadtvorsitzende Claudia Tausend bezeichnete es hingegen als überstürzt, „jetzt Konsequenzen zu fordern“. Es zeige sich aber, „dass sich die Grundstimmung auf Bundesebene nicht durch den engagierten Wahlkampf in der Fläche auffangen lässt“.

Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle erkannte so etwas wie „einen Weber-Effekt“, weil mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sechstes Mandat nach Bayern kommen könnte. 40,5 Prozent in Bayern seien angesichts der Umstände ein ordentliches Ergebnis. Rückschlüsse auf die Kommunalwahl ließen sich nicht ziehen. Die OB-Kandidatin der CSU, Kristina Frank, sprach von einer Stabilisierung ihrer Partei. Die CSU habe sich vom Negativtrend der CDU abgekoppelt, Ministerpräsident Markus Söder sei auf einem guten Weg.

Sicher ins Europaparlament einziehen wird die Münchnerin Henrike Hahn, Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen. Hahn sagte: „Die Umweltpolitik voranzutreiben, die klare Kante, die wir gegen Rechts gezeigt haben – all das drückt sich in Zahlen aus. Genauso wie nach der Landtagswahl werden wir den Schwung nun in den Kommunalwahlkampf mitnehmen.“ Klaus Buchner, Bundes-Spitzenkandidat der ÖDP, erhält ebenfalls ein Mandat für Brüssel. Gute Chancen darauf hat auch der AfD-Kandidat Bernhard Zimniok. Ob Bernd Posselt (CSU) ein Mandat erringen kann, ist noch offen.

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