Er hat den Reichstag verhüllt und das Museum of Contemporary Art in Chicago; er hat elf Inseln vor Miami eingewickelt und 178 Bäumen bei Basel ein Gewand aus Polyester maßgeschneidert. Der Mann ist international renommiert. Und so einer kommt nach München, nur um Bücher zu signieren? „Da steckt mehr dahinter“, argwöhnt mein Spezl Rudi. Und Recht hat er.
Da ist zunächst einmal der Ort der Veranstaltung: Hugendubel. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll Christo vor der Autogrammstunde ein Seminar für die freundlichen Helfer abgehalten haben, die in diesem Geschäft vor Weihnachten immer so schön die Bücher als Geschenk verpacken. Wir dürfen gespannt sein.
Doch in erster Linie war es OB Dieter Reiter, der Christo als Nothelfer in die Landeshauptstadt gerufen hat. Zum einen, so sein Kalkül, könnten die Genossen, wenn sie den greisen Künstler hinter sich wissen, als „Brüder und Schwestern in Christo“ dem „C“ der CSU und ihrer rührigen OB-Kandidatin Frank etwas entgegensetzen. Vor allem aber geht es um die Luftqualität.
Noch immer kämpft München mit überhöhten Stickstoffdioxidwerten in der Landshuter Allee. Von den Grünen bedrängt und von den Gerichten gemahnt, hat Reiter beschlossen: „Das Zeug muss weg“. Und zwar – es ist ja Wahlkampf –, ohne den Autofahrern allzu forsch in die Parade zu fahren. Der Geheimplan: Christo soll das giftige Gas einfach verpacken. Eintüten und weg damit –so leicht kann Problemlösung sein, wenn man nur die richtigen Verbündeten an seiner Seite weiß. Womöglich, so Reiters Kalkül, könne man das Ganze sogar als Kunstprojekt verkaufen und Brüsseler Fördermittel einstreichen. Man sieht: in höchster Not sind die Münchner Genossen erwachsen geworden und haben gelernt, was in anderen Parteien längst zum Einmaleins der Politik gehört: aus Abfall Geld zu machen.
Und wenn der Künstler noch ein bisserl Zeit übrig hat, so Reiters Bitte, dann möge er doch die verbliebenen SPD-Fraktionsmitglieder einwickeln, damit nicht noch mehr von ihnen davonlaufen.
Der Rudi war schwer beeindruckt ob meiner Enthüllungen. „Aber“, gab er zu bedenken, „Christos Kunstwerke sind doch nicht für die Ewigkeit. Irgendwann kommt das giftige Zeug doch wieder raus“.
Stimmt. Aber das wird erst nach der Wahl sein.
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