Dicke Luft um frische Luft: Eine Bürgerinitiative kämpft gegen den möglichen Bau eines Gewerbegebiets im Hachinger Tal. Denn hier, im Süden von München, bläst kühle Luft von den Alpen in die Innenstadt. Eine Frischluftschneise, die München vor allem in heißen Sommernächten abkühlt. Trotzdem gibt es Ideen, das 27 Hektar große Kapellenfeld zu bebauen.
„So wird die Frischluftzufuhr nach München abgeschnitten“, sagt Moderator Gerhard Leinauer (56). Er und seine Ehefrau Alexandra Polzin (45) fordern: „München darf nicht ersticken!“ Das Promi-Paar lebt im Stadtteil Fasangarten, nur wenige Kilometer vom Feld entfernt – das sowohl auf städtischem Grund als auch auf Neubiberger Gebiet liegt. Leinauer sagt: „Wenn man aus der Stadt rauskommt zu diesem Feld, dann spürt man sofort diesen gravierenden Temperaturunterschied. Diese Kühle braucht die Stadt.“ Und: „Wir werden wohl die ersten sein, denen die frische Luft abgeschnürt wird.“
Nicht nur deshalb sind die beiden aktiv in der Initiative „Frischluft für München“, die mittlerweile mehr als 1700 Unterschriften mit einer Petition gesammelt hat, um eine Bebauung zu verhindern. „Wir leben in Zeiten, in denen Hunderttausende auf die Straße gehen, um für den Klimaschutz zu demonstrieren“, sagt Leinauer. „Und plötzlich will man das Hachinger Tal einfach zubauen – nach dem Motto: Sollen sich halt die anderen um die Umwelt sorgen.“
Dabei sagt der Bürgermeister von Neubiberg, Günter Heyland (Freie Wähler): „Es gibt gar keine konkreten Planungen.“ Man prüfe derzeit nur, wo Gewerbeflächen, Wohnungen und Straßen entstehen könnten – ein Strukturkonzept. Er versichert: Die Frischluftzufuhr sei im Regionalplan geschützt. Neubiberg brauche zwar dringend Gewerbeflächen, „aber es würde keinen Sinn machen zu bauen, wenn es die Frischluftzufuhr einschränkt – da sind wir uns doch alle einig.“ Neubiberg würde sich sonst selbst die Lebensgrundlage nehmen, sagt der Bürgermeister.
Der Grundstückseigentümer, das milliardenschwere Firmenkonglomerat „Finck & Winterstein“, hatte laut Heyland die Idee, dort Gewerbe anzusiedeln – bis Sommer könne es ein Konzept vorlegen, das die Frischluftschneise nicht gefährdet, sagt Heyland. „Der Eigentümer macht das auf eigene Kosten und auf eigene Initiative. Wir haben zehn Gutachten eingefordert, die belegen sollen, dass durch den Bau weder der Grünzug noch die Frischluftfunktion gefährdet werden.“
Vor allem die Grünen haben Zweifel daran. Joachim Lorenz, Fraktionsvorsitzender des Bezirksausschusses Obergiesing-Fasangarten, etwa ist sich sicher: „Der Auftrag ist längst erteilt. Herr Heyland hat schon eine Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines Bebauungsplans in Auftrag gegeben.“ Lorenz hat 19 Jahre in der Stadtplanung gearbeitet, 22 Jahre als Umweltreferent. „Ich weiß doch, dass man so etwas nur tut, wenn man auch bauen will. Heyland spekuliert einfach darauf, dass sich die Bürger nicht damit auskennen.“
Für die Voruntersuchungen hat der Grundstückseigentümer schon mehrere Bohrungen im Boden durchgeführt. „Der Eigentümer gibt doch nicht so viel Geld aus, wenn am Ende nichts rauskommt“, sagt Lorenz. Heyland strebe ganz klar die Bebauung an, meint Lorenz. „Ob er sie durchkriegt, ist eine andere Sache. Ich hoffe es nicht.“ Denn vor allem für Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen sei es aus gesundheitlichen Gründen wichtig, dass die Kaltluftzufuhr erhalten bleibt.