Die Prognosen waren düster – es wurde mit leeren Wahllokalen gerechnet. Doch in München zeichnete sich ein ganz anderes Bild ab. Vor den Wahllokalen herrschte reges Treiben, von Corona-Panik war nicht viel zu bemerken. „Ich habe nicht das Gefühl, dass das Virus Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung hat“, fasste der Wahlhelfer Gunther Joppig aus der Isarvorstadt den Mittag zusammen.
„Ich dachte mir, mit den regulären Hygienevorschriften komme ich gut durch“, sagte etwa Jutta Bisani, eine Anwohnerin des Glockenbachviertels. Alles was man verschieben konnte, hatte sie verschoben – aber für sie stand fest: Sie geht wählen. „Es sind ja auch keine langen Schlangen, in die man sich jetzt einreihen muss.“ Als Vorsorgemaßnahme hatte sie trotzdem ihren eigenen Stift und Desinfektionsmittel mitgebracht. Auch Sebastian Winkel, ein Wähler aus der Ludwigs/-Isarvorstadt, ließ sich nicht beirren. Mit seinem eigenen Stift in der Hand betrat er die Mathilde-Eller-Schule, um sein Kreuz zu machen. „Ich halte Abstand“, sagt er entspannt. „Wählen gehen muss man!“ Beim Betreten des Luisengymnasiums in der Maxvorstadt kam einem der altbekannte Desinfektionsmittelgeruch entgegen. In dem kleinen Klassenzimmer, das als Wahllokal diente, ging es so zu, dass die Bürger sogar auf dem Gang standen.
Die Wahlhelfer waren ausgerüstet mit eigenem Desinfektionsmittel und Handschuhen. Die Arbeit sei dadurch nicht eingeschränkt, man geht nur öfters mal Hände waschen, so die Ehrenamtlichen. „Wir sehen es entspannt!“
In Riem war die Stimmung derweil deutlich gereizter: Aus Mangel an Wahlhelfern, die sich am Auszählen in der Messehalle beteiligen, hatte die Stadt mehrere hundert Lehrer zwangsverpflichtet (siehe Bayernteil). Als Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sie mit den Worten begrüßte, er freue sich, dass sie an diesem Tag „trotz des Themas Corona freiwillig hierher gekommen sind“, schallte ihm höhnisches Gelächter entgegen.
Mancher fand sogar, dass man die Wahl gänzlich hätte absagen sollen. Und obwohl es zahlreiche Freiwillige möglich machten, dass sie letztlich überhaupt stattfand, war der generelle Tenor, dass es in den Wahllokalen Engpässe an Ehrenamtlichen gab.
LEONIE HUDELMAIER