Der Versuch von Normalität

von Redaktion

Corona zum Trotz: Frühlingswetter lockt die Münchner in Scharen nach draußen

VON MIRIAM HEINRICHS

Die Sonne scheint. Ein junger Mann spielt fröhlich auf einer Trompete. Sein Kollege, etwa gleich alt, musiziert auf einer Posaune. Gut 25 bis 30 Menschen stehen eng im Halbkreis um das Duo vor der Heiliggeistkirche. Weitere Passanten bleiben kurz stehen und hören zu.

Was wie ein normaler Frühlingssamstag in München wirkt, ist eigentlich ungewöhnlich – hatte doch das Bundesgesundheitsministerium geraten, persönlichen Kontakt und große Gruppen möglichst zu vermeiden. Trotzdem sitzen etwa 300 Menschen auf den Bänken des Biergartens am Viktualienmarkt. Von Angst vor dem Coronavirus ist nichts zu spüren. Viele sind hergekommen, um die Sonne zu genießen. Die Stimmung ist gut. „Ich bin überrascht, dass hier so viel los ist“, sagt Christa Roth. Es seien weniger Menschen als sonst hier, beobachtet die Münchnerin. Trotzdem sei der Markt sehr gut besucht. Sie selbst hatte sich spontan entschieden, noch ein wenig spazieren zu gehen und das Wetter zu genießen. „Wäre der Markt sehr voll gewesen, wäre ich nicht hierhin gegangen“, sagt Roth. Sorgen wegen des Coronavirus mache sie sich nicht. Sie passe aber auf, dass sie möglichst wenig Kontakt zu älteren Leuten habe.

Auch Anna Schützle und Steffi Helmerich vermeiden zur Zeit solchen direkten Kontakt zu Risikogruppen. Die beiden Freundinnen sitzen gemeinsam am Viktualienmarkt. „Meine Mitbewohnerin ist in Quarantäne, allerdings nur, weil sie Kontakt zu jemandem hatte, der vielleicht infiziert ist“, erklärt die 28-jährige Helmerich. „Ich darf im Moment nur keinen Besuch zu Hause haben. Weil wir uns aber so lange nicht gesehen haben, treffen wir uns jetzt hier.“

Silvia und Thomas Jende sind extra aus Taunusstein bei Wiesbaden nach München gekommen. Ihre Tochter Julia spielt derzeit eigentlich an einem kleinen Theater. Über ein Jahr hatte die Gruppe das Stück geplant, doch außer der Premiere wurden alle Aufführungen abgesagt. Angst vor einer Ansteckung hat auch diese Familie nicht. Man informiere sich und sei aufmerksam.

Manuela-Yvonne Mensing steht an einem bunten Blumenstand. Es seien kaum weniger Kunden als sonst, berichtet die 37-jährige Floristin. Dennoch seien viele vorsichtiger. Die Verkäufer halten mehr Abstand und waschen sich noch häufiger die Hände. „Wir haben einfach immer viel Wechselgeld in der Hand“, schildert Mensing das Hauptproblem. Sie spüre, dass viele Kunden dankbar seien, dass das Geschäft noch geöffnet sei. Mensings Devise: Blumen werden weiterhin verkauft, und die Angst vor Covid-19 geht schon vorüber. „Wir trotzen dem Virus einfach“, sagt die Floristin lachend.

Am Sonntag, als die Sonne durchgehend vom Himmel strahlt, zieht es noch mehr Münchner ins Freie und trotz aller Warnungen auch in Cafés und Biergärten. Das Seehaus im Englischen Garten berichtet, dass der Biergarten gut besucht ist. Dort seien etwa 70 Prozent der sonst bei diesem Wetter an einem Sonntag üblichen Gäste gekommen. Im Tierpark Hellabrunn bleiben am Sonntag zwar die langen Schlangen an den Eingängen aus, dennoch ist an den Gehegen und auf den Spielplätzen des Münchner Zoos viel los.

Auch die Sportler lassen sich am Wochenende nicht einschüchtern. Selbst in den Fitnessstudios herrscht noch reger Betrieb. Die großen Ketten wie Body Up verbessern alle ihre Hygienemaßnahmen und erfreuen sich offenbar noch einer großen Nachfrage.

Artikel 8 von 8