Ein strahlender Sieger, eine Kandidatin, die ihr Etappenziel erreicht hat und eine, die es knapp verfehlt hat. So lässt sich der gestrige Wahlabend zusammenfassen, der einen spannenden Verlauf genommen und am Ende eine bitter enttäuschte Katrin Habenschaden zurückließ. Die Grünen-Kandidatin lag lange vor Frank, landete am Ende mit 20,6 Prozent aber knapp hinter ihrer Konkurrentin. Doch der Reihe nach.
Exakt um 18.49 Uhr veröffentlichte die Stadt das erste Zwischenergebnis der OB-Wahl. Ein Drittel der Wahllokale waren zu diesem Zeitpunkt ausgezählt. Und ein Trend ließ sich hier gleich ablesen. Der amtierende Rathauschef OB Dieter Reiter (SPD) würde der klare Gewinner werden – und er kämpft sogar um die absolute Mehrheit. 48,6 Prozent wurden zu diesem Zeitpunkt für Reiter ausgewiesen. 21,2 Prozent für Katrin Habenschaden von den Grünen und 19,8 Prozent für die CSU-Kandidatin Kristina Frank. Es kündigt sich ein bitterer Abend für die CSU an. Zum Vergleich: 36,7 Prozent holte Josef Schmid 2014 für die CSU. Würde Frank also ihr Etappenziel, in die Stichwahl zu gelangen, verfehlen?
Der Trend verfestigt sich zunächst. Auch nach der Hälfte der ausgezählten Gebiete liegt Reiter noch bei 48,4 Prozent, Habenschaden bei 21,3 und Frank bei 19,9. Die anderen elf Kandidaten spielen keine Rolle. Am meisten Stimmen vereint noch AfD-Bewerber Wolfgang Wiehle mit 2,8 Prozent auf sich. Thomas Lechner (Linke), Tobias Ruff (ÖDP) und Jörg Hoffmann (FDP) liegen bei jeweils etwa 1,5 Prozent, Hans-Peter Mehling von den Freien Wählern nur bei 0,9 Prozent.
Dann die Kehrtwende. Frank holt Stück für Stück auf. Um 19.50 Uhr iegt sie erstmals vor Habenschaden – mit 20,9 zu 20,6 Prozent. Drei Viertel der Wahllokale sind jetzt ausgezählt. Habenschaden kann nicht mehr aufholen. Als rund 1100 der 1274 Wahllokale ausgezählt sind, führt Frank bereits mit 21,2 zu 20,6 Prozent. Niemand zweifelt mehr daran, dass sie OB Reiter in die Stichwahl zwingen wird. Frank punktet vor allem in den Außenbezirken. Auch in Felldmoching-Hasenbergl und Bogenhausen, wo sich die CSU gegen die städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (SEM) positioniert hat. Habenschaden ist vor allem in den zentrumsnahen Bezirken stark, aber das reicht am Ende nicht, um noch einmal das Blatt zu wenden. In Feldmoching und Bogenhausen, wo sich die Grünen klar für eine neue Bebauung ausgesprochen haben, sind sie schwach. Kurz vor Auszählung aller Wahllokale um 21 Uhr liegt Frank schließlich bei 21,3 Prozent, Habenschaden bei 20,5 Prozent. Es wird doch nun ein Abend, am dem die CSU jubeln kann. Für die Stichwahl am 29. März gilt Reiter aber als klarer Favorit. Die große Frage wird auch sein, ob die Grünen eine Wahlempfehlung aussprechen werden. Die Wahlbeteiligung stieg von 42,1 auf 49,5 Prozent.
Reiter schaffte in drei Bezirken die absolute Mehrheit, in den SPD-Hochburgen Moosach und Milbertshofen-Am Hart sowie in Sendling. Reiter, der in diesem Viertel wohnt, stellt sich um etwa 20.15 Uhr den Medienvertretern. „Das ist sicher nicht das absolute Wunsch-Ergebnis“, sagt der 61-Jährige, aber schon „sehr, sehr gut“. Insgeheim hatte er wohl doch mit einer absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang gerechnet. Ob er nun in zwei Wochen gegen Kristina Frank von der CSU oder Katrin Habenschaden von den Grünen antritt – ,beide lagen zu diesem Zeitpunkt knapp bei 21 Prozent – „da gibt es keine Präferenz“.
Frank macht um 21.15 Uhr immer noch einen recht angespannten Eindruck. Richtig freuen kann sie sich noch nicht. Sie habe gekämpft bis zum Schluss und sei nun erleichtert, es in die Stichwahl geschafft zu haben. Die Grünen äußern sich erst spät, die Enttäuschung ist zu greifen. Habenschaden spricht von einem Wahlkrimi, der „für uns alle eine harte Angelegenheit war“. Woran es lag, dass Frank den zweiten Platz gemacht hat, könne sie noch nicht sagen. „Das wäre spekulativ.“
Spät am Abend gibt es dann doch noch Grund zum Jubeln für die Grünen. Bei der Stadtratswahl ist die Partei ersten Trendmeldungen zufolge mit rund 29 Prozent stärkste Kraft. Die CSU folgt mit etwa 25,3 Prozent, die SPD liegt bei 22,5 Prozent. Rot-Grün hätte demnach eine Mehrheit.
Der Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) kündigt unterdessen im Laufe des Abends an, dass aufgrund der Corona-Krise am Sonntag um 22 Uhr Schluss mit der Auszählung gemacht wird. „Aus Rücksicht auf die außergewöhnliche Belastungssituation für die Wahlhelfer“, wie Böhle erklärt.