Mundschutz und Mindestabstand prägen den Alltag in der Corona-Krise. Um die Infektionszahlen niedrig zu halten – und um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Es sind Maßnahmen des bayerischen Gesundheitsministeriums, die Leben retten sollen – und deren Einhaltung die Polizei kontrolliert.
Umso erstaunlicher sind die Fotos, die am Samstag in der Innenstadt entstanden sind: Sowohl am Marienplatz als auch am Max-Joseph-Platz fanden Demonstrationen gegen die aktuellen Corona-Regeln und für die Grundrechte statt, wo Menschen dicht gedrängt aneinander standen. Von Mindestabstand keine Spur – obwohl die Polizei mit 200 Einsatzkräften bei den insgesamt sechs angemeldeten Demos in der Altstadt präsent war.
Wie kann das sein? Biergärten etwa dürfen weiterhin nicht öffnen, aber in der Innenstadt demonstrieren hunderte Menschen dicht an dicht? Auf Nachfrage sagt die Polizei, dass am Max-Joseph-Platz 50 Leute Kern der Demo waren und sich 320 „interessierte Personen“ zusätzlich eingefunden hätten. Sprecher Sven Müller: „Sie wurden wiederholt von Kommunikationsbeamten und Lautsprecherdurchsagen auf die Einhaltung der Abstände hingewiesen.“ Aber nicht alle hätten sich daran gehalten.
Nur: Warum hat die Polizei nicht eingegriffen? Sprecher Sven Müller: „Rechtlich sind Verstöße gegen den Mindestabstand als Ordnungswidrigkeiten zu werten und somit keine Straftaten. Im Gegensatz zur Verfolgung von Straftaten muss die Polizei bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten stark auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit achten.“
Das bedeutet: Die Polizei hielt weitere Maßnahmen für übertrieben und wollte wohl auch eine mögliche Eskalation vermeiden. Das heißt aber auch: Während man an der Isar oder im Englischen Garten 150 Euro zahlen muss, wenn man sich mit Freunden zum Picknick trifft und obendrein eine Anzeige kassiert, war es Samstag verhältnismäßig, dicht an dicht in der City zu demonstrieren.
Das ist grundsätzlich vom Versammlungsrecht abgesichert, die Ausgestaltung aber variiert. Immerhin: In der Altstadt lief alles friedlich ab. „Die Leute waren froh, auf Gleichgesinnte zu treffen“, so Thomas Witzgall vom Infoportal Endstation Rechts Bayern. Es gab Buhrufe für die Polizei-Durchsagen, aber Jubel, wenn die Veranstalter zum Abstand mahnten. Teilnehmer Florian Multhammer meint: „Seit der Corona-Pandemie wurden unsere Grundrechte massiv eingeschränkt, und ein Meinungsdiskurs findet nicht statt.“ Die Demonstration sei für ihn ein Schritt Richtung Normalität.