Nach Gift-Anschlag: Warum die Polizei mit Informationen geizt

von Redaktion

Im Münchner Westen standen vergiftete Getränke in Supermarkt-Regalen – Knapp 30 Hinweise eingegangen

Nach der Warnmeldung der Polizei und der Berichterstattung in den Medien über einen Gift-Anschlag in Supermärkten sind zahlreiche Münchner verunsichert. Viele kritisieren die spärlichen Informationen aus dem Polizeipräsidium. Wie berichtet, wurde in zwei Supermärkten im Münchner Westen Gift in vier Getränkeflaschen entdeckt. Die Dosis hätte jeweils ausgereicht, um jemanden zu töten. Wir sprachen mit Polizeisprecher Michael Riehlein über die Informationspolitik.

Bekannt ist bislang nur, dass im März und April in vier Getränkeflaschen in zwei Supermärkten im Münchner Westen Lösungsmittel gemischt wurden. Warum verrät die Polizei keine Details?

„Derartige Meldungen sollen auf einen generell gefährlichen Umstand hinweisen“, erklärt Michael Riehlein. Es sei beabsichtigt und gewollt, dass die Bürger grundsätzlich wachsam und sensibilisiert sind. Der Fokus sollte auf dem Sicherungsetikett und der Unversehrtheit der Flasche liegen – ist der Schraubverschluss verletzt, gibt es Einstichlöcher? „Es wäre falsch, sich lediglich auf ein Getränk, einen Markt und ein Stadtviertel zu konzentrieren“, betont Riehlein. Es könne weitere Taten gegeben haben oder noch geben.

Warum warnt die Polizei erst mehrere Wochen nach den Vorfällen?

„Die Geschehnisse haben zunächst nicht auf eine derartige Tatsituation hingewiesen“, sagt Michael Riehlein. Im März und im April hatten zwei Frauen (34, 42) und ein Mann (48) nach dem Konsum einiger Schlucke aus einer Flasche mit einem Erfrischungsgetränk über Schwindel, Übelkeit und Kreislaufbeschwerden geklagt. Die beiden Frauen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Der 48-Jährige führte seine Beschwerden nach dem Trinken zunächst auf eine andere Ursache zurück. In einem Supermarkt wurde dann später eine weitere Flasche gefunden, die noch in einem Regal stand. Dann habe man im Handel und in den Produktionsstraßen nach möglichen Verunreinigungen gesucht. Das habe einige Zeit in Anspruch genommen. Als man dies ausschließen konnte und durch aufwendige Analysen die tödliche Substanz in den Getränkeresten nachweisen konnte, habe die Mordkommission die Ermittlungen übernommen und die Polizei habe sich an die Bevölkerung gewandt. „Die Mehrung der Fälle von Menschen mit Vergiftungserscheinungen führte zum konkreten Tatverdacht einer vierfachen Tötungsabsicht“, sagt Michael Riehlein.

Gibt es Hinweise auf weitere Fälle oder auf Täter?

Bei der 22-köpfigen Sonderkommission „Tox“ sind bis gestern Mittag 28 Hinweise aus München und Umgebung eingegangen. „Jeder wird ernst genommen und geprüft“, sagt Riehlein. Doch das brauche Zeit. STEFANIE WEGELE

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