Für ein Pressefoto hatte sich Münchens Wirtschaftsreferent die Frage gestellt: Daumen hoch oder Daumen runter? Der Daumen ging nach oben. „Ich bleibe optimistisch“, sagte Clemens Baumgärtner (CSU) bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichtes. München habe sich in den vergangenen Jahren gute Rahmenbedingungen erarbeitet.
Die Zahlen sprechen für sich: Die Arbeitslosigkeit erreichte 2019 mit 3,3 Prozent einen Tiefststand wie zuletzt vor 22 Jahren. 897 140 Menschen waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt und damit 2,6 Prozent mehr als im Jahr 2018 (23 041 Stellen). Der Dienstleistungssektor wuchs um 2,6 Prozent (19 083 Stellen) auf 755 715 Stellen. Die Stellen im produzierenden Gewerbe nahmen um 2,9 Prozent (3949) auf 140 879 Beschäftigte zu. Die Kaufkraft lag mit 33 705 Euro je Einwohner auf einem Höchststand. Die Gewerbesteuer sprudelte. Sie lag mit 2,69 Milliarden Euro nur knapp unter dem Rekordergebnis von 2018.
Durch die Pandemie rechnet Baumgärtner bei der Wirtschaft mit einem Defizit von mindestens einer Milliarde Euro. Das wird sich auf die städtischen Finanzen auswirken, im besten Fall entgehen der Stadt Steuereinnahmen von geschätzt 662 Millionen Euro. Im schlimmsten Fall sogar weit mehr als eine Milliarde Euro. „Wir hoffen, dass Bund und Land uns voll umfänglich entlasten werden“, sagte Baumgärtner. Sowohl der Freistaat als auch die Bundesregierung hatten Finanzhilfen für Kommunen in Aussicht gestellt.
Münchens Wirtschaft ist in verschiedenen Sektoren eingebrochen. Beim verarbeitenden Gewerbe etwa sind viele Betriebe von internationalen Zulieferern abhängig. Die Produktionsprozesse wurden zum Teil deutlich heruntergefahren. Zudem sank die Nachfrage, etwa nach hochwertigen Konsumgütern. Die Umsatzzahlen vom April weisen daher einen Rückgang von 36,7 Prozent aus. Der Auslandsumsatz sank um 34,9 Prozent. Die kommunalen Einnahmen aus diesem Bereich sanken um 41 Prozent.
Bein Einzelhandel zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Während Geschäfte des täglichen Bedarfs in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen geöffnet blieben und Umsatzzuwächse verzeichneten, hat der lokale Einzelhandel zum Teil erhebliche Umsatzausfälle verkraften müssen. So verzeichnet der Lebensmitteleinzelhandel bayernweit ein Umsatzplus von 13,4 Prozent, während der Textileinzelhandel einen Umsatzeinbruch von 80,2 Prozent beklagt.
Gastgewerbe und Tourismus lagen brach: Keine Messen, so gut wie alle Großveranstaltungen mussten abgesagt werden, darunter das Oktoberfest mit Umsatzausfällen von 1,23 Milliarden Euro. Für das Gastgewerbe lässt sich der Umsatzausfall nicht eingegrenzt für München benennen. Die bayerischen Zahlen nennen für April einen Umsatzrückgang von 76,4 Prozent. Um 28,4 Prozent sank die Beschäftigtenzahl.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft trägt in der Region 11,8 Milliarden Euro jährlich zum Wirtschaftswert bei. Die Branche leidet unter den Schutzmaßnahmen und Beschränkungen. Die Einbußen seien kaum durch nachholendes Geschäft zu kompensieren.
„Wie schnell sich die Stadt erholen kann, wird davon abhängen, wie schnell Mittel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gefunden werden“, sagt Baumgärtner. Er hofft nun, dass sich die Wirtschaft erholt und bis Mitte 2021 wieder „in den Tritt“ kommt. Helfen könnten dabei drei Großereignisse im kommenden Jahr: die Fußball-EM im Sommer sowie im Herbst die Internationale Automobilausstellung IAA und das Oktoberfest. Aber: „Wenn wir die Weichen richtig stellen, werden wir in München gestärkt aus der Krise hervorgehen.“ Klingt optimistisch.