Der Grund für seine Entscheidung sei vor allem das hohe finanzielle Risiko gewesen, erklärte Georg Heide gestern bei einer tränenreichen Pressekonferenz in Planegg. „Es steht ja noch nicht fest, ob die Wiesn 2021 überhaupt stattfinden wird“, fügte seine Frau Daniela hinzu. Einen Nachfolger wird das nicht abschrecken. Ein heißer Kandidat für die Nachfolge ist Lorenz Stiftl.
Für den 55-Jährigen spricht viel: Die „Bräurosl“ mit innen knapp 6500 und im Biergarten nochmals 1760 Plätzen ist ein Brauereizelt. Das bedeutet, dass Hacker-Pschorr das Vorschlagsrecht für den Festwirt und mindestens zwei Alternativen hat. Die Stadt nickt den Vorschlag der Brauereien in der Regel ab. „Da halten wir uns raus“, bestätigt Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU). „Wir werden den Kandidaten lediglich auf Zuverlässigkeit prüfen.“ Die Stadt prüft also, ob der Anwärter neben der allgemeinen Qualifikation, einen gastronomischen Großbetrieb zu führen, sich auch sonst als zuverlässig erwiesen hat.
Der Brauerei ist der Wirt verbunden. „Ich arbeite seit Jahrzehnten mit Hacker-Pschorr zusammen“, sagt Stiftl auf Anfrage unserer Zeitung. „In allen meinen Betrieben schenke ich Hacker-Pschorr oder Paulaner aus.“ Er führt unter anderem die Traditionsgaststätte „Zum Spöckmeier“ an der Rosenstraße (Altstadt), die Wirtschaft im Grünwalder Stadion und die Gastronomie im Theater in Ingolstadt. Zudem ist Stiftl schon lange ein ein Großer unter den kleinen Wiesnwirten: Seit 2008 betreibt er sein 440 Plätze fassendes Festzelt „Zum Stiftl”, davor hatte er sechs Jahre lang das Wienerwald-Zelt.
Auch der Stadtrat ist ihm zumindest nicht abgeneigt. Schließlich stand Stiftl 2014 schon kurz davor, Bierzelt-Gigant zu werden. Er wurde auf der Bewertungsliste im Stadtrat Zweiter, direkt hinter Siegfried Able und seinem Marstall-Zelt.
Auf die Frage, ob er denn Lust hätte, das Zelt zu übernehmen, sagte Stiftl gestern verheißungsvoll: „Ich bin Vollblut-Wirt.“ Noch habe es allerdings keine Gespräche gegeben. Seitens der Stadt hält man sich mit Spekulationen zurück. Dort muss die Aufgabe der Heides noch verarbeitet werden. OB Dieter Reiter (SPD) sagte auf Anfrage unserer Zeitung: „Das war für mich eine völlig überraschende Nachricht. Ich habe es am Wochenende erfahren und bedauere, dass mit der Familie Heide eine sehr traditionsreiche und bodenständige Wirtsfamilie nicht mehr auf der Wiesn vertreten sein wird.“
Wirte-Sprecher Peter Inselkammer betonte, „dass die Kosten, die ein Wiesn-Wirt das ganze Jahr über zu tragen hat, immens hoch sind. Solche Kosten zu decken, ohne zu wissen, wie es weitergeht – das ist ein enormes Risiko.“ Dass die Familie Heide nach über 80 Jahren aufhöre, sei äußerst schade. „Die Kollegen werden uns auf der Wiesn wahnsinnig fehlen.“ Auch Oktoberfest-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) betonte: „Es ist eine Dynastie, Familie Heide hat viel Gutes getan fürs Oktoberfest.“
Brauerei-Chef Andreas Steinfatt zeigte sich von Heides Entscheidung angefasst, „weil mich mit der Familie auch eine enge Freundschaft verbindet“. Der neue Wirt müsse in erster Linie dazu in der Lage sein, ein Großzelt zu führen. „Ich nehme an, dass sobald die Meldung raus ist die Telefone klingeln werden – ich bin jetzt allerdings erst mal vier Tage im Urlaub und schalte mein Telefon aus.“