Sensationen sind für den Circus Krone Tagesgeschäft. Menschen, die die Schwerkraft überwinden, teilen sich die Manege mit Kollegen, die die Regeln der Mechanik außer Kraft setzen und sich verbiegen, als hätte Mutter Natur ihnen ein paar Zusatzgelenke spendiert. Tiere tun Dinge, die Tiere eigentlich nicht tun. Und Magier vereinen all diese Disziplinen in einem einzigen Auftritt und lassen das Publikum ratlos staunend zurück.
Faszinierend, gewiss. Doch der jüngste Coup des Münchner Zirkusunternehmens stellt das alles in den Schatten, auch wenn er sich außerhalb der Manege abspielt. Dem Unternehmen ist es gelungen, aus – Verzeihung – Scheiße Geld zu machen.
Jahrhundertelang haben sich Alchemisten abgemüht, Billigmaterialien zu Gold zu veredeln. Die meisten starben arm, ohne jemals auch nur ein Krümelchen Gold aus ihren Reagenzgläsern gekratzt zu haben. Erfolgreicher sind in unserer Zeit Textilhersteller und einzelne Großmetzger. Erstere nähen auf Billig-Leiberl aus Fernost ihr Marken-Logo und verticken das Ergebnis zu Kilopreisen, von denen die Alchemisten im Mittelalter nicht einmal geträumt hätten. Letztere veredeln immer wieder einmal Schlachtabfälle zu Schnitzeln und verdienen sich einen goldenen Hinterschinken. Zumindest, bis der Staatsanwalt anklopft.
Der Circus Krone geht das Projekt systematischer an: Er nimmt, was er sonst teuer entsorgen müsste, nämlich die Exkremente von Martin Laceys Löwen, und verkauft sie portionsweise. Dabei macht sich der Star-Dompteur einen Effekt zunutze, den Eltern von Kleinkindern zur Genüge kennen: Hinten kommt immer mehr raus, als man vorn einfüllt. Eine Art Perpetuum mobile also, das immerwährenden Geldsegen verspricht, solange nur genug Menschen hoffen, dass sie mit Löwenkot ihre Beete vor Katzen schützen, ihre Hauseingänge von markierenden Hunden freihalten und das Auto vor dem bösen Marder schützen können.
Das ist ausbaufähig. Denn nicht nur Löwen haben einen Stoffwechsel. Auch andere Zirkustiere machen Mist. Man muss ihn nur vermarkten. Wer, zum Beispiel, könnte widerlegen, dass Elefantendung gut für die Haut ist? Womöglich hilft er sogar gegen Krampfadern. Und wenn schon normaler Pferdemist unter Gärtnern als ultimativer Tomatendünger gehandelt wird, um wie viel wirksamer muss dann der Mist von Zirkuspferden sein? An Kunden, die sich gerne beäpfeln lassen, dürfte es nicht mangeln. Auch für die Hinterlassenschaften von Ziegen, Eseln und anderen Hufträgern, die regelmäßig in der Krone-Manege zu Gast sind, wird sich eine Anwendung finden. Recycling zur Kunst zu erheben – wo, wenn nicht im Zirkus, der sich schon so oft neu erfunden hat, sollte das gelingen?
Sie erreichen den Autor unter Peter.Schmidt@ovb.net