Der Tarifkonflikt für 2,3 Millionen Tarifbeschäftigte ist festgefahren. Nachdem auch die zweite von drei vereinbarten Verhandlungsrunden in der laufenden Tarifrunde in Potsdam gescheitert ist, rief die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am Sonntag zu Warnstreiks im öffentlichen Dienst auf. „Beifall war gestern – und heute gibt es für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst einen Tritt in den Hintern“, kritisierte der stellvertretende Landesbezirksleiter von Verdi Bayern, Norbert Flach, das Verhalten der Arbeitgeber. Diese hatten auch in Runde zwei kein Angebot vorgelegt.
Der Münchner Gewerkschaftsgeschäftsführer Heinrich Birner hatte am Sonntag bereits angekündigt, dass es auch „im Ballungsraum München auf jeden Fall“ Warnstreiks geben werde. Für heute gab Birner auf Nachfrage unserer Zeitung jedoch Entwarnung. „Wir werden insbesondere mittelbar Betroffene rechtzeitig informieren“, so Birner. Und ergänzt: „Sofern keine Gegenreaktionen von der Arbeitgeberseite zu erwarten sind.“ Gerade befänden sie sich noch in der Feinplanung. Einen Termin gäbe es allerdings schon, dieser würde aber noch bekannt gegeben werden.
In Augsburg hingegen beginnen die ersten Warnstreiks bereits heute. Mitarbeiter der Stadtentwässerung werden als erste in Bayern die Arbeit niederlegen. Verdi fordert für die bundesweit 2,3 Millionen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat. Auch die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro monatlich angehoben werden. Zudem verlangen die Gewerkschaften eine Kürzung der längeren ostdeutschen Wochenarbeitszeit um eine Stunde und damit eine bundesweite Angleichung. Die Kommunen hätten wegen der Corona-Krise nichts zu verteilen, argumentieren hingegen die Arbeitgeber. Umstritten ist auch die Laufzeit des Tarifvertrags.
Welche Bereiche in München genau streiken werden, ist noch nicht bekannt. Kitas sollen jedoch bayernweit nicht betroffen sein – zumindest in dieser Woche, betonte ein Verdi-Sprecher auf Anfrage. In den Verhandlungen geht es unter anderem auch um Beschäftigte in kommunalen Kliniken, in Städten, Gemeinden und Landkreisen, bei der Müllabfuhr, bei der Agentur für Arbeit und den Jobcentern und vielen andere Dienststellen wie Zoll, Rentenversicherung oder auch den Sparkassen. Der Tarifkonflikt der Post ging gestern nach zahlreichen Warnstreiks in die dritte Runde.
Im öffentlich Dienst ist diese ab dem 22. Oktober geplant. Bis dahin können die Warnstreiks dauern. „Die Beschäftigten sollen die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns teilweise refinanzieren. Das ist nicht nur unseriös – das ist zutiefst unsozial“, schimpft der stellvertretende Landesbezirksleiter Norbert Flach. Ähnlich sieht das auch der Münchner Verdi-Chef Heinrich Birner: „Der öffentliche Dienst hat das Gemeinwesen in der Krisenzeit am Leben erhalten und ein größeres Chaos verhindert. Wenn es aber um die Entlohnung geht, ist von einem Respekt der Arbeitgeber gegenüber ihren Beschäftigten nichts zu spüren. Den Respekt werden wir uns jetzt mit Warnstreiks verschaffen.“ LISA-MARIE BIRNBECK