„Es ist eine Genugtuung“

von Redaktion

VON ANDREAS THIEME

Die Erleichterung steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Danke“, sagt Christian Vogler und faltet die Hände. Vor dem Landgericht hat der Wirt des „Augustiner-Kellers“ am Donnerstag einen wichtigen Sieg errungen: Seine Klage gegen die Bayerische Versicherungskammer war erfolgreich. Insgesamt erhält Vogler nun 1,014 Millionen Euro zurück. Es ist das bundesweit erste Corona-Urteil gegen eine Versicherung.

Während des Lockdowns hatten sich viele Gastronomen abgesichert geglaubt, doch sie erhielten kein Geld. Nun ist klar: Die Versicherung muss für den Betriebsausfall zahlen. „Ich denke, mein Urteil wird für ganz Deutschland Signalwirkung haben“, sagte Vogler. Denn viele Wirte werden nachziehen. Allein 80 Klagen laufen noch am Landgericht, wo drei Zivilkammern die Fälle bearbeiten. Im Fall des „Augustiner-Kellers“ muss die Versicherungskammer nun die Kosten von 30 Tagen Corona-bedingter Betriebsschließung zahlen. „Das ist eine große Genugtuung“, sagte Vogler. Er hatte sogar einen Kredit aufnehmen müssen. In ihrem Urteil schaffte Richterin Susanne Laufenberg nun Klarheit. Sie bewertete die Versicherungsbedingungen als „intransparent“.

Erst am 4. März hatte sich Vogler gegen einen Betriebsausfall abgesichert – im Hinblick auf die drohende Pandemie. Die Police war durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt. Dennoch wollte die Versicherungskammer nicht zahlen, weil der Schutz ihrer Auffassung nach nur für Krankheiten und Erreger gilt, die in dem Vertrag ausdrücklich genannt sind – Covid-19 zählt nicht dazu.

Das sah das Gericht ganz anders: Schließungen nach Infektionsschutzgesetz seien in dem Vertrag abgesichert, sagte die Richterin. Ob Covid-19 ausdrücklich erwähnt sei oder nicht, spiele keine Rolle. Es liege zudem in der Verantwortung des Versicherers, den Vertrag so zu formulieren, dass er klar verständlich sei. Kurios: Laut Urteil hatte die Versicherungskammer in einer internen Anweisung an den Vertrieb bereits festgelegt, dass Corona mitversichert ist – gegenüber Vogler wurde das aber bestritten, als der Wirt das Geld dann angefordert hat. „Es ist wirklich eine Schweinerei“, sagte der Augustiner-Pächter, „dass diese Leute die Wirte an die Wand fahren, um höhere Boni einzustreichen.“

Die Versicherungen argumentieren hingegen, dass sie nur für ausdrücklich versicherte Schäden zahlen können. Die Bayerische Versicherungskammer teilte nach dem Prozess mit, sie werde sich nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe „mit diesen auseinandersetzen und die Möglichkeiten der Berufung nutzen“.

Weitere Urteile wird das Landgericht noch im Oktober fällen – wohl zugunsten der Wirte. „Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, vermittelt es dennoch Hoffnung für viele tausende Unternehmer, die sich bislang von ihrer Versicherung mit einer Verweigerungshaltung konfrontiert sehen“, sagte Ingrid Hartges vom Hotel- und Gaststättenverband.

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