Eltern stehen mit ihren Kindern am Martinstag am Odeonsplatz, die Kleinen halten gebastelte Laternen in die Luft. Was auf den ersten Blick nach einem harmlosen Sankt-Martins-Umzug aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als getarnte Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen. „Wo sind die Toten?“ steht auf einer Laterne. Auf einer anderen: „Sind Masken für Kinder sicher?“ Die Schrift zeigt: Das ist das Werk von Erwachsenen, die Kinder für ihre Zwecke instrumentalisieren. In den sozialen Medien gehen die Bilder der Aktion derzeit viral. „Wie kann man so was seinen Kindern antun?“, fragt ein Nutzer der Plattform Twitter. Ein anderer wettert: „Das ist makaber, pietätlos (weil es leider Tote gibt) und unwürdig!“
Was steckt dahinter? Laut Kreisverwaltungsreferat hatte eine Privatperson zunächst eine sich fortbewegende Versammlung mit 500 Teilnehmern angemeldet. Diese wurde abgesagt – die richtigen, traditionell großen Laternenumzüge in München und Freising mussten wegen Corona übrigens auch entfallen. Das KVR begrenzte die Veranstaltung dann auf 100 Teilnehmer und ließ die Aktion als stationäre Versammlung am Odeonsplatz zu. Unter dem Motto „Kinderrechte während der Corona-Zeit“ wurde dort von 17.30 bis 18.45 Uhr demonstriert. Augenzeugen zufolge haben die Veranstalter etwa 20 Laternen mit Parolen an die Kinder verteilt. Hauptthema war die Maskenpflicht – diese sei für die Kleinen unzumutbar. „Mögt ihr die Masken?“, hätte die Veranstalterin die anwesenden Kinder gefragt, so Augenzeugen. Die Kinder verneinten. Zur Veranstalterin können weder die Polizei noch das Kreisverwaltungsreferat nähere Auskünfte geben. Eine Verbindung zur Querdenken-Bewegung, die seit Monaten deutschlandweit große Demonstationen gegen die Corona-Maßnahmen organisiert, ist nicht bekannt. Der Polizei zufolge hielt man sich bei der Versammlung am Odeonsplatz weitgehend an die Corona-Auflagen. Insgesamt gab es fünf Anzeigen, unter anderem wegen der Vorlage möglicherweise ungültiger Atteste.
Ähnliche Aktionen gab es übrigens auch andernorts in Bayern. In Passau entpuppte sich ebenfalls ein geplanter Martinszug als Demo gegen die Corona-Auflagen. Dazu aufgerufen hatte unter anderem die rechtsextreme NPD. Dieser Umzug wurde dann der „Passauer Neuen Presse“ zufolge verboten und wie in München als stationäre Veranstaltung zugelassen. Auch hier war der Streit um die Maskenpflicht ein großes Thema. In Kaufbeuren folgten laut der „Allgäuer Zeitung“ rund 150 Personen einem Aufruf der Initiative „Querdenken 8341“. Angemeldet war die Aktion als „Lichterumzug zur Wahrung unserer Tradition“. Auch hier gab es Empörung, weil Kinder offenbar als Instrument genutzt worden seien, um gegen Corona-Regeln zu demonstrieren. LAURA FELBINGER