Der U-Bahnhof Fraunhoferstraße: menschenleer. Am Stachus blinkt nur noch die Reklame. Und auch der Gärtnerplatz ist verwaist. Seit Mittwoch herrscht die Ausgangssperre in München – ab 21 Uhr darf man nur noch aus sehr triftigen Gründen vor die Tür. Die Folge: leere Straßen am späten Abend. Mittlerweile herrscht Geisterstimmung in der Großstadt.
Die steigenden Infektionszahlen haben der Politik keine Wahl gelassen: In München liegt der Inzidenzwert bereits seit Montag über 200. Und er steigt täglich weiter: Allein am Mittwoch gab es 578 neue Infektionen, der Inzidenzwert stieg damit schon auf 211,7. Deshalb wurden die Corona-Regeln verschärft: Bis 5 Uhr morgens herrscht nun Ausgangssperre.
Viel Arbeit also auch für die Polizei, die für die Einhaltung der Infektionsschutzverordnung zuständig ist. 1000 Beamte des Münchner Präsidiums sind zeitgleich im Dienst. Sprecher Sven Müller zog gestern ein erste Bilanz: „Im Zeitraum der Ausgangssperre wurden 135 Kontrollen wegen möglichen Verstößen gegen die Regel durchgeführt; 21 Personen wurden jeweils einzeln wegen Verstößen gegen diese Regelung angezeigt.“ Eine vergleichsweise ruhige erste Nacht also.
Aber: Das Polizeipräsidium München hat bis zu 200 zusätzliche Kräfte angefordert, um die Einhaltung der Ausgangssperre zu kontrollieren. „Bei weiterem Bedarf kann nachgefordert werden“, sagt Polizeisprecher Werner Kraus. Das kann schon am Wochenende der Fall sein – je nachdem, wie sich die Lage entwickelt. Grundsätzlich gelte: „Unsere Beamten sind verstärkt im Stadtgebiet unterwegs, um Präsenz zu zeigen.“ Aber nicht gezielt kontrollieren, sondern nur im Rahmen vom normalen Streifendienst. „Hinweisen gehen wir aber natürlich nach“, versichert Kraus.
Auch in Sachen Alkohol gibt es nun ein neues Verbot. Nach dem Verwirrspiel um das Glühweinverbot ist der Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit nun im gesamten Stadtgebiet untersagt – und nicht mehr nur innerhalb des Altstadtringes. Das gab die Stadt gestern bekannt. Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) erklärte: „Dieser Schritt ist erforderlich, weil es trotz eindringlicher Appelle angesichts steigender Infektionszahlen in der ganzen Stadt zu Menschentrauben vor Glühweinverkaufsstellen kommt.“
Beim Glühweintrinken würden weder Abstände eingehalten noch Masken getragen, hat der KVR-Chef beobachtet. Bis mindestens 5. Januar darf nun kein Alkohol mehr im Freien getrunken werden. Gaststätten ist der Ausschank untersagt. Die nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr gilt, so lange der Inzidenzwert über 200 bleibt.
Dazu kommt nun: Auch die Nutzung von Sportstätten in öffentlichen Grünanlagen ist ab sofort untersagt, ebenfalls bis mindestens 5. Januar. Betroffen sind Bolzplätze, Skateanlagen oder Fitnessparks. Das Baureferat bringt derzeit entsprechende Verbotsschilder an.
„Der Teil-Lockdown war leider nicht so wirksam wie erhofft. Trotz einschneidender Beschränkungen gerade für unsere Gastronomie und Hotellerie, für die Marktkaufleute, für Sport- und Freizeiteinrichtungen und den gesamten Kulturbereich sind die Infektionszahlen nach wie vor zu hoch“, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Er befindet sich aktuell in Corona-Quarantäne und muss von zu Hause aus regieren.
Mit Überschreiten des Sieben-Tage-Inzidenz-Schwellenwerts von 200 müssen deshalb nun die Corona-Maßnahmen „leider weiter als ohnehin schon geplant verschärft werden“, sagt Reiter. Sein Appell an die Münchner: „Bleiben Sie so weit es geht zu Hause und beschränken Sie Ihre Kontakte auf das wirklich Nötigste.“