Kliniken im Krisenmodus

von Redaktion

VOB ANDREAS BEEZ

Kurz vor Weihnachten verschärft sich die Lage in Münchens Kliniken weiter. Die größte Herausforderung für die Corona-Krisenmanager besteht nach wie vor im Personalmangel – vor allem im Pflegebereich. „Deshalb versuchen wir aktuell wieder, Pflegekräfte innerhalb der Landeshauptstadt auszutauchen“, berichteten die Krankenhaus-Koordinatoren Dr. Viktoria Bogner-Flatz und Dr. Dominik Hinzmann gestern in einem Gespräch mit unserer Redaktion.

Vor allem kleinere Krankenhäuser, die auf planbare Operationen spezialisiert sind, könnten Mitarbeiter zur Unterstützung in stark ausgelastete Notfallkliniken schicken. Gleichzeitig haben mehre Kliniken neue Betten für Covid-19-Patienten in Betrieb genommen – sowohl auf zusätzlichen Normal- als auch auf Intensivstationen.

Die nötige technische Ausstattung wurde nach Informationen unserer Zeitung zum Teil aus einem zentralen Katastrophenschutzlager im Landkreis München in die Kliniken transportiert. Das Lager war während der ersten Corona-Welle im Frühjahr eingerichtet, damals allerdings noch nicht benötigt worden.

Der Hintergrund der erneut verstärkten Krisenmaßnahmen: Münchens Kliniken müssen weiterhin immer mehr Corona-Patienten aufnehmen. Die Münchner Krankenhaus-Koordinatoren stellen einen stetigen Anstieg sowohl auf den Normal- als auch auf den Intensivstationen fest. „Wir müssen jetzt die nächsten zehn bis 14 Tage überbrücken, bis der Lockdown greift und sich dann hoffentlich in einem deutlichen Rückgang der Infektionszahlen niederschlägt“, sagten Dr. Viktoria Bogner-Flatz und Dr. Dominik Hinzmann.

Die beiden Mediziner – als Ärztliche Krisenmanager für die Verteilung der Patienten auf die Münchner Kliniken verantwortlich – hatten im Kampf gegen die zweite SARS-CoV-2-Welle bereits am Sonntag, 13. Dezember, die höchste Krisenstufe in Kraft gesetzt. Sie ist in einer gemeinsamen Allgemeinverfügung des bayerischen Gesundheits- und des Innenministeriums verankert und räumt den Krankenhauskoordinatoren weitreichende Befugnisse ein. So können sie Kliniken verpflichten, Betten für Corona- und Notfallpatienten freizuhalten – ähnlich wie dies bereits zu Beginn der Pandemie im Frühjahr der Fall war.

Zudem können Corona-Patienten, die nicht mehr zwingend stationär behandelt werden müssen, in andere Einrichtungen verlegt werden, beispielsweise in Reha-Kliniken oder Quarantänehotels. Diese Regelung gilt beispielsweise dann, wenn Senioren, die nach einer Infektion zwar über den Berg, aber womöglich noch ansteckend sind, vorerst nicht in ihre Alten- und Pflegeheime zurückkehren können. Auch Verlegungen von Patienten aus Münchner Kliniken in angrenzende Landkreise sind theoretisch möglich.

„Die Münchner Kliniken stellen in dieser kritischen Phase der Pandemie eine großartige Solidarität unter Beweis“, lobten Bogner-Flatz und Hinzmann. „Trotz der angespannten Lage, die sämtliche Krankenhäuser und ihre Mitarbeiter vor enorme Herausforderungen stellt, bemühen sich alle Kollegen nach Kräften um pragmatische Lösungen.“ So werden beispielsweise Patienten ohne Corona-Infektion nach der Versorgung in der Notaufnahme der Notfallkliniken zur stationären Versorgung in andere Häuser weiterverlegt. „Solche Maßnahmen sind eine wertvolle Entlastung für die Notfallkliniken“, erläuterten die Koordinatoren. Auch ein Materialaustausch ist inzwischen angelaufen, um überall optimale Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen.

Vor diesem Hintergrund betonten die Ärztlichen Krisenmanager im Gespräch mit unserer Redaktion erneut, dass die Patientenversorgung in München noch nicht gefährdet sei. „Die Gefahr, dass in München demnächst kein Intensivbett mehr zur Verfügung stehen könnte, ist nicht in Sicht. Wir haben ein leistungsstarkes Gesundheitssystem, das derzeit zwar stark belastet ist, aber trotzdem noch Kapazitäten schaffen kann.“

Hintergrund: Die Zahl der freien Intensivbetten ist laut Meldregistern zwar knapp. Aber es können – wie in den vergangenen Tagen geschehen – kurzfristig neue Stationen in Betrieb genommen werden.

Trotzdem müsse ein weiterer deutlicher Anstieg unbedingt vermieden werden. „Eine Sieben-Tage-Inzidenz von deutlich über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner ist viel zu hoch. Dieser alarmierende Wert muss dringend gedrückt werden“, sagten Bogner-Flatz und Hinzmann. Gestern meldete das Robert-Koch-Institut einen Wert von 274,4, nachdem die Inzidenzzahl am Sonntag erstmals den Wert von 300 überschritten hatte.

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