Es war alles schon vorbereitet in den beiden großen Münchner Unikliniken: Am Sonntagmorgen sollten dort die ersten Ärzte und Pflegekräfte gegen Corona geimpft werden – symbolträchtig im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Doch die verspätete Bescherung fürs heillos überarbeitete Klinikpersonal fällt aus: Beide Krankenhäuser mussten den Termin kurz vor Heiligabend absagen, weil viel zu wenige Impfdosen zur Verfügung stehen. Das räumte das Bayerische Gesundheitsministerium auf Anfrage unserer Zeitung ein.
Die Klinikchefs sind enttäuscht – und viele Ärzte und Pflegekräfte stocksauer wegen „der holprigen Planung“. Derweil steht fest, dass auch die – ebenfalls für Sonntag anberaumten – Impfungen in den Senioren- und Pflegeheimen nur mit angezogener Handbremse beginnen können. Der Impfauftakt wird zum Stotter-Start.
Gerade mal 9750 Impfdosen wird die Erstlieferung umfassen, die Bayern am zweiten Weihnachtstag von Biontech erhält. Diese Mini-Zuteilung des Bundes reicht hinten und vorne nicht aus, um neben den Senioren gleich auch das medizinische Personal zu impfen – zumal die Hälfte der Erstlieferung zurückgehalten werden muss, um den vollen Impfschutz zu gewährleisten. Nach den Vorgaben von Biontech muss die Impfung nach 21 Tagen wiederholt werden.
Das Ministerium gab den schwarzen Peter an die Münchner Behörden weiter. Auf Anfrage unserer Zeitung teilte ein Sprecher von Ministerin Melanie Huml mit: „Welche Einrichtungen mit den zu Beginn vorhandenen Dosen geimpft werden, entscheidet die jeweilige Kreisverwaltungsbehörde vor Ort in eigener Zuständigkeit.“ Die Stadtverwaltung konterte: „Die Universitätskliniken liegen in der Zuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und entziehen sich der Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörden.“
In den Krankenhäusern ernten die Behörden für solche Zuständigkeitsspielchen nur Kopfschütteln – auch wenn sich die Köpfe der Unikliniken diplomatisch äußerten: „Wir sind enttäuscht“, sagten die Chefs der Unikliniken, Prof. Markus Schwaiger (Rechts der Isar) und sein LMU-Kollege Prof. Karl-Walter Jauch. Auf den Münchner Corona-Stationen fielen deutlichere Worte: „Wir fangen in Deutschland ja ohnehin schon später als viele andere Länder mit den Impfungen an, und jetzt wird auch noch der Start versemmelt. Das ist kein Ruhmesblatt für unsere Behörden“, wetterte ein leitender Uni-Mediziner gegenüber unserer Zeitung. Sein Kollege Schwaiger vom Klinikum rechts der Isar erinnerte daran, dass „besonders die Mitarbeitenden der Covid-Stationen und im Notfallzentrum einem hohen Risiko ausgesetzt sind. Sie bedürfen eines besonderen Schutzes, damit sie die Krankenversorgung am Klinikum in diesen Krisenzeiten aufrechterhalten können.“
In einer Rundmail an LMU-Ärzte, die unserer Redaktion vorliegt, kritisieren die Großhaderner Impf-Organisatoren die Terminabsage scharf: „Vollkommen unerwartet haben wir erfahren, dass wir vorerst keine Impfdosen zur Verfügung gestellt bekommen. Das kommt für uns umso überraschender, als wir bislang dazu gedrängt wurden, bereits am Sonntag mit den Impfungen zu beginnen.“
Die Planung des Gesundheitsministeriums irritiert auch den Chef der München Klinik, Dr. Axel Fischer: „Ich bin schon sehr verwundert darüber, dass bereits am Sonntag in beiden Unikliniken geimpft werden sollte, die München Klinik dagegen bis heute noch nicht einmal darüber informiert worden ist, wann wir überhaupt den Impfstoff bekommen – und das, obwohl wir der größte Notfallversorger der Stadt sind.“
Trotzdem, so betont Fischer, sei der nahende Impfstart ein Grund zur Freude. „Wir müssen froh und dankbar sein, dass es mit dem Impfen bald losgeht. Das ist ein Lichtblick im Corona-Winter, der uns leider noch einige dunkle Tage bescheren wird.“
Immerhin: Laut Gesundheitsministerium soll der Freistaat bereits am 28. Dezember weitere 97 500 Dosen erhalten und am 30. Dezember noch einmal 107 250. Unterm Strich würde sich das bayerische Kontingent bis Ende des Jahres also auf 215 000 Impfdosen summieren. Weitere Lieferungen sind zugesagt. Ob das wirklich in Stein gemeißelt ist? „Uns wurde gesagt, dass wir nicht vor Mitte Januar mit Impfstoff rechnen können“, berichtete der Chef des Deutschen Herzzentrums, Prof. Rüdiger Lange unserer Zeitung. „Dabei zählt im Kampf gegen Corona jeder Tag.“
Die Kliniken haben wenig Verständnis für Spielchen um
Zuständigkeiten