Läuft ein Pfarrer während der Ausgangssperre mit einem Glas Rotwein über die Straße – und wird von der Polizei angehalten… Was nach der Einleitung für einen Witz klingt, beschreibt Pfarrer Rainer Schießlers Weihnachtsabend ganz gut. Geschlagene zwölft Stunden Gottesdienst hatte der umtriebige Pfarrer am Heiligabend gefeiert – und das ganze direkt ins Internet übertragen. Kurz vorm verdienten Feierabend musste er sich dann doch noch den Beamten erklären.
Aber der Reihe nach: Zunächst lief aber alles am Schnürchen, Schießler hatte sich Großes vorgenommen: Knapp zwölf Stunden Programm bot der Pfarrer am Weihnachtsabend in seiner St.-Maximilian-Kirche an. Das Amen im Akkord – man konnte es nicht nur im Gotteshaus selbst, sondern auch im Internet empfangen. Die Nachfrage scheint durchaus groß, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Seit dem ersten Advent haben etwa 50 000 Gläubige an den digitalen Gottesdiensten teilgenommen.
Auch in der Kirche durften einige wenige Gläubige an der Messe teilhaben. Mit reichlich Abstand waren die Stühle im Kirchenraum angeordnet. „Es war schön, wirklich schön. Die Leute waren auch sehr diszipliniert und haben sich aufgeteilt, sodass wir niemanden wegschicken mussten“, erklärt der Pfarrer. Sein Programm aus Messe und Musik lief am 24. zu Mittag an. Was während der Ausgangssperre ab 21 Uhr übertragen wurde, hatte der Pfarrer vorab aufgezeichnet – „live on tape“ hieß das früher bei TV-Entertainer Harald Schmidt.
Schießler musste während der Übertragung in der Kirche bleiben, um die Technik zu überwachen. „Ich hab mir dabei einen kleinen Wein zum Feierabend gegönnt“, sagt Schießler schelmisch. „Mit dem bin ich auch kurz rüber zum Pfarrhaus, als mich die Polizei anhielt.“ Da konnte sich der Pfarrer einen Spruch nicht verkneifen: „Herr Wachmeister, es ist wie beim klassischen Ehebruch: Es ist nicht so, wie es aussieht!“ STÉPHANIE MERCIER