Brandbrief einer Münchner Unternehmerin

von Redaktion

„Was ist eigentlich systemrelevant? Im ersten Lockdown waren sicher viele Unternehmer trotz der wirtschaftlichen Herausforderung für den einzelnen Betrieb damit einverstanden, dass etwa Lebensmitteleinzelhandel, Drogeriemärkte, öffentlicher Nahverkehr als „systemrelevant“ angesehen wurden und weiter arbeiten durften. Für den derzeitigen Lockdown sehe ich das als Unternehmerin mit einem Einzelhandelsbetrieb für Schuhe und Bekleidung vollkommen anders.

Unser Betrieb ist nun wieder seit Mitte Dezember geschlossen. Wir haben alle Systeme weitgehend heruntergefahren. Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, die Dienstleister erhalten keine Aufträge mehr, das Online-Geschäft wird mit niedrigstem Personaleinsatz abgewickelt, und die Politiker sind froh, dass von meinem Betrieb keine Gefahr ausgeht. Von meinem Betrieb ging nie eine Gefahr aus! In meinem Betrieb gab es bislang keinen Corona-Fall. Wir arbeiten seit März (also schon bevor das gefordert wurde) mit einem immer wieder verfeinerten Hygienekonzept. Wir halten zu jedem – ob Kunde, Mitarbeiter oder Dienstleister – zwei Meter Abstand. Wir haben die erlaubte Kundenzahl in den Verkaufsräumen freiwillig gesenkt. Wir öffnen später, damit unsere Mitarbeiter nicht in einem überfüllten MVV anreisen müssen. Und wir bekommen den Stempel, wir seien nicht systemrelevant! Für mich ist nach acht Monaten Corona-Krise mit unglaublichen staatlichen Ausgaben und exorbitanten wirtschaftlichen Einbrüchen jeder Betrieb, der durch sein Tun andere nicht gefährdet, systemrelevant. Warum?

Weil er Steuern und Abgaben in die immer leerer werdenden Staatskassen spült. Wie lange will der Staat denn das noch durchhalten? Wenn unser Betrieb auf null heruntergefahren ist, dann nimmt der Staat diese Steuern und Abgaben nicht mehr von uns ein: Umsatzsteuer, Lohnsteuer (Mitarbeiter sind in Kurzarbeit), Sozialversicherung (Mitarbeiter sind in Kurzarbeit), Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Einkommensteuer. Und so weiter. Und nicht nur unser Betrieb zahlt das nicht mehr. Auch unsere Fertiger und Dienstleister zahlen keine Steuern und Abgaben mehr, da sie keine Aufträge mehr bekommen. Zum Beispiel: der Reinigungsbetrieb, der Dekorateur, der Blumenlieferant, die Schmutzmattenwäscherei, der Kurierdienst, der Getränkelieferant, die Änderungsschneiderei, die Schuhreparaturwerkstatt, der Personalverleih, der Tütenlieferant. Es gibt noch unzählige mehr.

Die Politik muss aufhören, sich über die Bürger und Unternehmen hinwegzusetzen. Ich fordere, dass ich meinen Betrieb sofort wieder öffnen kann. Und ich fordere dies für alle Unternehmen, gleich welcher Branche, die aufgrund ihrer Tätigkeit und vernünftigen Kundenstruktur ebenfalls keine Pandemietreiber sind.“ Brigitte Meier, Inhaberin Eduard Meier

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