Grünen-Rückzieher bei Tempo 30

von Redaktion

VON KLAUS VICK

Der Zorn war auch am Donnerstag bei allen Beteiligten noch nicht verraucht. Doch die große Koalitionskrise oder gar der Koalitionsbruch scheint aus dem „Tempo-30-Streit“ nicht zu erwachsen. Wie berichtet, hatten die Grünen beabsichtigt, einen Stadtratsantrag zu stellen, wonach Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit in der Stadt werden sollte. Ausnahmen wären nur Hauptverkehrsadern wie der Mittlere Ring. Dafür solle man sich beim Bund für einen Modellversuch bewerben. Vor allem die Stadtpartei der Grünen sowie deren Bezirksausschuss-Vorsitzende waren treibende Kraft hinter der Initiative.

Den Regierungspartner SPD brachte der Vorschlag auf die Palme. Erstens, weil die Sozialdemokraten keinen Sinn in einem generellen Tempolimit sehen. Und weil das Vorpreschen nicht abgestimmt gewesen sei. Dabei fielen harte Worte. SPD-Fraktionschef Christian Müller sprach von „blindem Autohass“, seine gleichberechtigte Vorsitzende Anna Hübner unterstellte den Grünen „Arroganz“. Auch OB Dieter Reiter ließ sich nicht lumpen. Das Vorgehen sei „äußerst unprofessionell und nicht geeignet, nachhaltige Regierungsfähigkeit zu demonstrieren“, sagte er. Die Grünen wiederum zeigten sich irritiert von der scharfen Wortwahl der SPD. „Zumal unsere Position zu Tempo 30 nichts Neues gewesen ist“, wie Roth erklärte. Auch seine Parteikollegin und Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden soll über die Tonalität der Kritik sehr verstimmt gewesen sein. Das sei keine Art des Umgangs, hieß es aus Parteikreisen. Auch in der Leserschaft unserer Zeitung kochte die Diskussion hoch (siehe unten.)

Vermutlich wird es in den Krisengesprächen nächste Woche auch um rhetorische Abrüstung bei der Moderation von Konflikten gehen. SPD-Fraktionschef Müller sagte unserer Zeitung am Donnerstag, inhaltlich stehe er nach wie vor zu der Kritik, dass eine flächendeckende Einführung vom Tempo 30 in der Stadt nicht zielführend sei. „Wir müssen auch an unsere Wirtschaft denken.“ Er räume aber ein, dass die Wortwahl der aktuellen Verärgerung geschuldet gewesen sei. Die Fortführung der Koalition halte er nicht für gefährdet: „Ich bin kein Verfechter des Prinzips: rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.“

Roth hatte sich schon am Mittwoch ähnlich geäußert. Gestern sagte er, man werde am Montag über die Unstimmigkeiten sprechen. „Wir wollen ja gemeinsame Politik machen.“ Sollte sich die SPD dem Antrag zu Tempo 30 verweigern – und danach sieht es aus –, „lassen wir es sein“, erklärte der Grünen-Fraktionschef. Es mache keinen Sinn in der Koalitionsarbeit, eine Sache durchpauken zu wollen, die im Stadtrat keine Mehrheit finde.

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