Für die Opfer ist der Hass im Netz eine enorme Belastung. Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, über ihre Erfahrungen mit Hassmails und den richtigen Umgang damit.
Hass im Netz nimmt zu. Wie bewerten Sie das?
Ich bin sehr froh, dass die Gefahren von Hatespeech endlich stärker in der Öffentlichkeit thematisiert werden. Letztes Jahr kam endlich Bewegung in die Sache, auch durch den neuen Hatespeech-Beauftragten. Das alleine reicht aus meiner Sicht aber nicht. Hass im Netz ist kein Kavaliersdelikt. Hier muss der Rechtsstaat wehrhaft sein. Wir brauchen deswegen in Bayern dringend eine virtuelle Polizeiwache. Damit hätten wir Waffengleichheit von Täter und Betroffenen. So kann man genauso leicht Es ist wichtig, dass man vom Sofa per Screenshot aus Anzeige erstatten, wie die Täter Hasspostings verfassen
Welche Maßnahmen sind noch wichtig?
Daneben braucht es dringend eine Beratungsstelle für Betroffene. Sie brauchen rechtliche und psychologische Unterstützung. Etwa auch zum Thema, wie man etwa seine Social-Media-Konten sichern kann. Hass im Netz betrifft sehr viele Menschen. Nicht nur Politiker oder Prominente, auch Vereinstrainer*innen oder Feuerwehrler, die ehrenamtlich tätig sind. Hetze richtet sich oft gegen Frauen, Homosexuelle, Geflüchtete oder Menschen mit Behinderung. Sie haben nicht immer die Ressourcen, sich zu wehren. Das Dunkelfeld von Hass im Internet ist massiv. Viele trauen sich nicht, das anzuzeigen oder denken, es bringt eh nichts. Hier braucht es bessere Strukturen.
Wie gehen Sie persönlich mit Hass und Hetze um?
Seit über zehn Jahren bin ich in der Politik, das hat mich von Anfang an begleitet. Je öffentlichkeitswirksamer meine Arbeit wurde, desto schärfer wurden auch die Angriffe. Anfangs dachte ich, ich muss das aushalten, habe die Absender geblockt und gelöscht. Aber niemand muss Hass und Hetze aushalten. Mittlerweile zeige ich Hass-Postings konsequent an.
Wie wurden Sie konkret beleidigt?
Da kommt alles Mögliche, von Vergewaltigungsszenarien bis Gewalt- oder Morddrohungen. Wenn man selber mal im Auge des Sturms stand, versteht man, wie schlimm das ist.
Wie kann man sich wehren?
Durch Anzeigen und Aufklärung. Frauen werden anders abgewertet, viel sexualisierter. Nicht jeder hält das gut aus. Gerade junge Politikerinnen überlegen sich genau, ob sie öffentliche Ämter bekleiden wollen – hier sehe ich eine große Gefahr, wenn sie sich zurückziehen würden.
Interview: Andreas Thieme