Stau bei den Fahrschulen

von Redaktion

VON LISA-MARIE BIRNBECK

Die Hände fest am Lenkrad, Seiten- und Rückspiegel sind eingestellt, der Gurt ist angelegt – Leonard Grob ist startklar. Der 18-Jährige hat an diesem sonnigen Nachmittag seine erste Fahrstunde. Darauf hat der Schüler lange gewartet, knapp zehn Wochen. So lange mussten die Fahrschulen in Bayern geschlossen bleiben. Seit Montag dürfen sie wieder öffnen und bereits jetzt zeigt sich: Hier hat sich einiges aufgestaut. „Es ist eine große Herausforderung“, sagt Udo Wagner, stellvertretender Vorsitzender des Münchner Regionalverbandes im Verband bayerischer Fahrlehrer. Der 57-Jährige betreibt fünf Fahrschul-Filialen. Seine zwölf Fahrlehrer werden wieder an sechs Tagen pro Woche Vollgas geben – wortwörtlich. „Anders können wir unseren Kunden gar nicht gerecht werden“, so Wagner.

Egal ob Theorie- und Praxisstunden oder Prüfungstermine, alles ist liegen geblieben. Daher kommt es jetzt überall zu Wartezeiten. Wie bei Leonard Grob. Der Schüler meldete sich bereits Mitte 2020 für den Führerschein an. Seine Theoriestunden hatte er erledigt, eigentlich fehlte nur noch die Prüfung. Dann kam der Lockdown. „Jetzt hoffe ich, dass ich die Prüfung bald nachholen kann“, sagt der Schüler. Aber hat man nach zehn Wochen Pause das Gelernte noch im Kopf? „Ich hab die Wochen immer wieder mit der App geübt“, so Grob. „Aber man hat schon das Gefühl, dass man komplett raus ist.“

Um die verlorene Zeit zumindest ein wenig aufzuholen, arbeiten Udo Wagner und seine Mitarbeiter im Akkord. „Doch bei sechs Arbeitstagen pro Woche sind wir irgendwann am Limit“, so Wagner. Bis alles wieder normal läuft, wird es trotz aller Mühen noch lange dauern. „Wenn wir jetzt offen bleiben dürfen, dauert es vermutlich trotzdem ein bis eineinhalb Jahre, bis wir wieder im Normalmodus sind“, sagt Wagner. Trotz Ausnahmesituation: Die Qualität des Unterrichts darf nicht leiden. „Wir dürfen nicht nachlässig werden“, so Wagner. „Wir haben schließlich eine riesige Verantwortung.“

Fahrschüler, die vor der Schließung bereits kurz vor der praktischen Prüfung standen, müssen nun noch einmal Fahrstunden nehmen, um sich wieder an das Gelernte zu erinnern. Ein zusätzlicher Aufwand. Und die Nachfrage an Prüfungsterminen steigt stetig. Auch der TÜV Süd geht von einer „deutlich höheren Nachfrage nach Prüfungsplätzen“ aus, wie es in einer Mitteilung heißt. Deswegen biete der TÜV Süd zusätzliche Prüftermine an, auch samstags. Wartezeiten könne man aber dennoch nicht ausschließen, heißt es weiter. Udo Wagner wünscht sich in dieser Ausnahmesituation vor allem eins: Verständnis. „Wir tun wirklich, was geht.“ Neue Schüler könnten sich zum Führerschein anmelden, müssten aber eben mehr Zeit einplanen. „Es kann schon mal zwei bis drei Monate dauern, bis man den ersten Theorie-Termin bekommt“, so Wagner. Während man früher zum Theorieunterricht einfach kommen konnte, benötigt es nun aufgrund der geringeren Teilnehmerzahl eine Anmeldung.

Leonard Grob ist derweil einfach froh, dass es endlich weitergeht. „Hoffentlich kann ich jetzt die Praxis durchziehen.“

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