Der Pieks, der die Hoffnung bedeutet: Ingeborg (67) und Hermann Hoyer (72) haben ihn gerade bekommen. Gelassen spaziert das Ehepaar aus dem Impfzentrum in Riem, beide unterhalten sich fröhlich. Der Stempel mit dem Biontech-Pfizer-Zeichen im Impfpass bedeutet für die Physiotherapeutin und den Arzt viel mehr als nur ihre persönliche Sicherheit: „Wir sind nah an unseren Patienten dran, jetzt können wir sorgenfreier arbeiten“, erzählen sie. Hermann Hoyer führt selbst Corona-Tests durch, ab sofort impft er auch selbst im Impfzentrum in Riem. Ingeborg Hoyer hofft jetzt auf baldige Lockerungen: „Ich vermisse Abende im Theater, im Kino oder auch einen Besuch im Museum.“ Je schneller geimpft werde, desto näher rücke eben auch die Öffnung der Kulturszene, des Einzelhandels und weiterer Bereiche des öffentlichen Lebens. Und die Zeichen dafür stehen gerade gut: Denn München hat endlich genug Impfstoff. Schon in diesen Tagen sollen statt bisher 1500 bis zu 3000 Münchner im Osten der Stadt geimpft werden.
Dass man sich an der Messe auf deutlich mehr Betrieb einstellt, ist schon am Freitag bemerkbar. Gleich vier Sicherheitsleute weisen einen zum Parken gegenüber vom Impfzentrum ein. Angesichts des (noch) sehr leeren Abstellplatzes sind es wohl drei zu viel. Das Aufgebot macht aber deutlich: Am Impfzentrum ist man endlich bereit für den Ansturm – zur Eröffnung war es zu chaotischen Szenen gekommen, Senioren mussten stundenlang vor der Tür warten. Jetzt arbeiten die Mitarbeiter auch an den Eingängen koordiniert, sie teilen den Ankommenden sofort Warteschlangen zu. Die neue Ordnung fällt auch einer Münchnerin auf, die eben mit ihrem Vater zur Zweitimpfung gekommen ist. Sie schwärmt regelrecht: „Alles ist plötzlich so organisiert. Vor zwei Wochen – bei der Erstimpfung – war das noch ganz anders!“
Bisher hat das Impfzentrum noch nicht seine volle Kapazität von bis zu 7000 Impfungen pro Tag ausschöpfen können. Erst kam kein Vakzin in München an, dann haperte es an der Organisation, vor zwei Wochen sorgte ein Softwareausfall für länge Wartezeiten und Verzögerungen. Bis einschließlich Donnerstag wurden in Riem 32 000 Erst- und 1400 Zweitimpfungen durchgeführt. Zusammen mit den Pieksern in Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen wurden münchenweit somit insgesamt 63 700 Corona-Schutzimpfungen verabreicht. Nun soll alles schneller gehen, verspricht die Münchner Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD). Denn ab sofort kann man sich nicht nur mit Biontech schützen, sondern auch mit Astrazeneca und Moderna. Mit den zusätzlichen Vakzinen könnten so 3000 Münchner geimpft werden. Weiterhin werden nur Menschen mit höchster Priorität geimpft, also medizinisches Personal und Risikopatienten.
Eine Wahl beim Impfstoff hatte Zahnärztin Sonja Benz, die ebenfalls am Freitag geimpft wurde, nicht: „Obwohl ich jung genug für Astrazeneca bin, habe ich Biontech erhalten“, erklärt sie. Für die 50-Jährige ist die Impfung „der einzig vernünftige Schritt“. Sie sagt: „Das mit dem Virus ist wie eine Kettenreaktion mit Dominosteinen: Wer geimpft ist, bleibt stehen und unterbricht die Infektionskette.“ Nun könne auch sie wieder unbefangener arbeiten, sagt die Zahärztin erleichtert. Bis alle Münchner durchgeimpft sind, wird es aber noch dauern.